Die KPCh verstärkt die Kontrolle von Post- und Kurierdienstleistern. Besonders hart betroffen sind die Lieferungen nach Hongkong und Peking sowie in andere „sensible“ Orte.
von Wang Yong
Während die Pro-Demokratie-Demonstrationen in Hongkonganhalten, zieht die chinesische Regierung alle Register, um die Proteste einzudämmen. Dazu gehören auch verstärkte Einschränkungen in Bezug auf die Gegenstände, die vom Kernland aus versandt werden dürfen, um die Lieferung von Waren an Demonstranten zu verhindern. Die Zahl der verbotenen Gegenstände hat sich fast vervierfacht und es kommt zu Festnahmen von Personen, denen „Schmuggelei“ vorgeworfen wird. Die Einschränkungen wurden besonders vor dem Nationalfeiertag zum 70. Jahrestag des kommunistischen Chinas am 1. Oktober noch einmal verschärft.
Circa 100 Gegenstände von dem Verbot betroffen
Laut einem internen Dokument eines Kurierdienstleistungsunternehmens in der südöstlichen Provinz Fujian ist die Liste der Gegenstände, die nach Hongkong geschickt werden dürfen, drastisch gekürzt worden. Während die Zahl der verbotenen Kategorien von ein paar Dutzend auf fast 100 anstieg, sodass mittlerweile auch Gegenstände wie Golfschläger, Rattan-Stäbe, Kopftücher, US-Flaggen, Perücken und Luftballons dazu gehören.
„Um die Demonstranten davon abzuhalten, T-Shirts herzustellen, darf noch nicht einmal Stoff geliefert werden. Auch die Lieferung von Wäschestangen wurde verboten, da diese als Waffen benutzt werden könnten“, berichtete der Verantwortliche des Kurierdienstleistungsunternehmens in Fujian, der anonym bleiben möchte. Er fügte hinzu, dass diese Einschränkungen spürbare Auswirkungen auf den Kurierdienstleistungssektor im Land hätten – auch weil die Lieferung von Gegenständen nach Macau und Taiwan ebenfalls eingeschränkt worden sei. Die Behörden wollten sicherstellen, dass den Demonstranten dort keine „verbotenen“ Waren geliefert werden würden.
Handschuhe und Türsprechanlagen verboten
Der Staat betrachtet Versuche, verbotene Waren zu versenden, mittlerweile als Ausdruck der Unterstützung für die „Aufständischen“ in Hongkong.
Ein Insider in einem anderen Kurierdienstleistungsunternehmen in Fujian berichtete, dass die Behörde für Öffentliche Sicherheit der Provinz im September Beamte am Eingang der Versandstation des Unternehmens postiert hätte. Sie sollten die anHongkong adressierten Waren gründlich inspizieren.
Nachdem ein Handschuhhersteller aus dem, in der Fujianer Hauptstadt Fuzhou gelegenen, Stadtbezirk Cangshan im September eine Bestellung über 50 Paar Handschuhe nach Hongkong geliefert hatte, wurden einige Angestellte des Unternehmens von der Polizei verhaftet und verhört. Im gleichen Stadtbezirk wurde ein Anwohner festgenommen, nachdem er eine Türsprechanlage nach Hongkong geschickt hatte. Die Strafvollzugsbeamten erklärten, dass Türsprechanlagen nicht nach Hongkong geschickt werden dürften, weil sie eine Gegensprechfunktionbesitzen würden.
Ein Angestellter eines Kurierdienstleistungsunternehmens in der östlichen Provinz Zhejiang berichtete Bitter Winter, dass die Polizei von ihm verlangt habe, sie umgehend zu informieren, wenn er irgendwelche Lieferungen mit verbotenen Waren nach Hongkong entdecke.
Im September schickte ein Ladenbesitzer aus der Stadt Ninghai (Fujian) zwei Pakete mit Laserlichtern in die südöstliche Provinz Guangdong, die an Hongkong und Macau grenzt. Die Pakete wurden über zwei Filialen des Kurierdienstleistungsunternehmens Ninghai Yunda verschickt, jedoch von der Polizei in Shenzhen – einer Metropole in Guangdong, der Nahtstelle zwischen Hongkong und dem chinesischen Kernland – abgefangen. Daraufhin wurden die Vorstände der beiden Unternehmensfilialen festgenommen und verhört. Der eine erhielt eine Geldstrafe von 30 000 Renminbi (ungefähr 3900 Euro), der andere von 20 000 Renminbi (ungefähr 2600 Euro).
Nationalfeiertag: Eine besondere Herausforderung für die Kurierdienstleister
Chinas Hauptstadt Peking wurde ebenfalls zum Albtraum für Kurierdienstleistungsunternehmen und ihre Angestellten – besonders vor und während der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Republikgründung.
Im August gab das Staatliche Postamt zusammen mit den Ministerien für Öffentliche Sicherheit und Staatssicherheit eine gemeinsame Bekanntmachung über die Stärkung des Sicherheitsmanagements von Warenlieferungen während der Feierlichkeiten zum 70. Nationalfeiertag heraus. In dem Dokument wurde zur strikten Kontrolle von Gegenständen aufgerufen, die nach Peking versandt werden sollten. Es sollte sichergestellt werden, dass stets die wahren Namen des Absenders und des Empfängers angegeben werden und eine Sichtprüfung der Pakete sowie weitere Sicherheitsüberprüfungen erfolgen. Jeder Verstoß gegen diese Vorschriften würde hart bestraft werden. In der Zeit von 15. September bis 2. Oktober war es nicht erlaubt, irgendeine Art von Militärspielzeug, wie zum Beispiel ferngesteuerte Flugzeuge und ähnliches, nach Peking zu liefern.
„Seit Ende September finden im Unternehmen ständig Konferenzen statt. Jeden Tag erhalten die Angestellten mehrere Mitteilungen, in denen betont wird, dass Waren, die nach Peking geschickt werden sollen, einer strikten Kontrolle unterzogen oder höflich abgelehnt werden müssen. Sobald festgestellt werden würde, dass ein Päckchen nicht geöffnet und kontrolliert wurde, oder dass die angegebenen Informationen nicht mit denen des Absenders übereinstimmen, würden der Angestellte bzw. die Angestellten, die das Päckchen bearbeitet haben, gefeuert“, berichtete ein Angestellter in einer in Jiangxi befindlichen Filiale des Unternehmens SF Express – des zweitgrößten Lieferserviceunternehmens in China.
„Nachdem die Kurierdienstleister die Päckchen nach Peking oder Hongkong einer Sichtprüfung unterzogen haben, öffnet und kontrolliert ein vom Unternehmen beauftragter Angestellter jedes Päckchen. Die Kunden werden nicht darüber informiert, dass ihre Päckchen geöffnet wurden“, berichtete ein anderer Kurierdienstleister aus Jiangxi Bitter Winter. „Alle im Unternehmen sind fürchterlich nervös und haben Angst davor, Päckchen nach Peking entgegenzunehmen. Wenn ein verbotener Gegenstand versendet wird, werden diejenigen, die in die Versendung involviert waren, sofort gefeuert.“