Die Vorschriften zum „Schutz“ von Minderjährigen vor der Religion erreichen ein neues Maß an Absurdität: Kirchen in der Nähe von Schulen müssen schließen und Listen jugendlicher Mitglieder preisgeben.
Die chinesische Regierung hat Schulen zu kirchenfreien Zonen erklärt und unternimmt Schritte, um diesen Beschluss umzusetzen. Bitter Winter hat die Kopie eines Dokuments mit dem Titel Umsetzungsplan zur Sonderbehandlung privater christlicher Versammlungsstätten erhalten, das von dem Büro für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten einer Stadt in der nördlichen Provinz Shanxi herausgegeben wurde. Das Dokument fordert eine „zentralisierte Sanierung“ von religiösen Versammlungsstätten in der Nähe von Hochschulen und Universitäten (wobei „Sanierung“ einen Euphemismus für die Entfernung unerwünschter Kirchen darstellt).
In einem anderen Dokument mit dem Titel Kernaufgaben von Phase Drei der Arbeitsteilungseinheiten unter der Kreisregierung, das von einem Kreisbüro für Religiöse Angelegenheiten der Zentralprovinz Henan herausgegeben wurde, steht: „Alle privaten christlichen Versammlungsstätten rund um Universitäten und Hochschulen und auf deren Gelände müssen gemäß dem Gesetz geschlossen werden. Die Schulbehörden sind verpflichtet, die daran beteiligten Lehrer und Studenten zu rügen und zu erziehen (umzuerziehen)“.
Die im obenstehenden Titel erwähnte Phase Drei bezieht sich auf eine Kampagne zur Regelung christlicher Angelegenheiten in ländlichen Gebieten des Kreises. In dieser Phase sollen Probleme gelöst werden, die bei der Untersuchung und Bewertung in früheren Phasen festgestellt wurden, und es scheint so, als ob die Lösung in der Schließung der Kirchen bestünde.
Neben den oben erwähnten privaten Kirchen wurden auch sich in der Nähe von Schulen befindliche staatlich genehmigte Drei Selbst-Kirchen geschlossen. Bitter Winter erhielt die Kopie einer „Verantwortungserklärung“ für die Schließung von religiösen Versammlungsstätten. In dem von einer Kreisbehörde in Henan herausgegebenen Dokument steht: „Bei dieser Versammlungsstätte handelt es sich um eine genehmigte Stätte. Da sie sich jedoch zu nahe an einer Schule befindet“, wurde sie im August 2018 geschlossen. Die für dieses Vorgehen verantwortlichen Regierungsbeamten versprachen, dass „diese Entscheidung auch in Zukunft nicht rückgängig gemacht werden wird.“
Auch in der Stadt Longyan in der südöstlichen Provinz Fujian wurde die Versammlungsstätte einer Drei Selbst-Kirche von den Behörden geschlossen, weil sie sich in der Nähe einer Universität befand. Angestellte des Büros für Religiöse Angelegenheiten berichten, dass in internen Regierungsvorschriften festgelegt wurde, dass keine Versammlungsstätten in der Nähe von Schulen betrieben werden dürfen. Zurzeit ist das Dokument jedoch noch „vertraulich“ und wurde noch nicht vom Büro für Religionsangelegenheiten veröffentlicht.
Quellen berichten, dass Angestellte des Büros für Religiöse Angelegenheiten von dem Leiter dieser Drei Selbst-Kirche sogar eine Liste der Universitätsstudenten verlangten, die an den Gottesdiensten teilnahmen. Die Gläubigen befürchten, dass die Regierung eine solche Liste dazu verwenden wird, die Berufsaussichten der Studenten zu schmälern.
Das Vorgehen gegen religiöse Einrichtungen in der Nähe von Schulen ist auf die neuen Regelungen für Religionsangelegenheiten zurückzuführen. Mit diesen neuen Vorschriften hat die Kontrolle der chinesischen Regierung über den religiösen Glauben Minderjähriger das höchste Ausmaß seit der Kulturrevolution erreicht. Es werden nicht nur religiöse Einrichtungen in der Nähe von Schulen verboten – die Behörden sehen auch vor, dass Nachforschungen über den Glauben von Schülern und deren Eltern angestellt, Minderjährigen der Glaube an Gott verboten und Sonntagsschulen geschlossen werden.
Auch in den Provinzen Hebei, Shanxi und Shandong schloss die Regierung Versammlungsstätten aufgrund ihrer Nähe zu Schulen und Kindergärten. Anfang August 2018 erhielt das Büro für Bildung im Stadtbezirk Chengyang der Stadt Qingdao in der Provinz Shandong an der Ostküste Chinas eine Beschwerde, dass sich eine Versammlungsstätte in der Nähe einer Mittelschule befände. Regierungsangestellte eilten zur Versammlungsstätte der Hauskirche und verlangten, dass umgehend das Kreuz und andere christliche Zeichen entfernt würden. Dann versiegelten und schlossen sie die Kirche mit der Begründung, dass „keine Versammlungsstätten in der Nähe von Schulen erlaubt sind“. Später führten sie den Pastor ab.
Ein Gläubiger erklärte: „Die Kommunistische Partei Chinas ist so strikt bei ihrem Vorgehen, Minderjährige vom Gottesglauben abzuhalten, weil sie versucht, die Wurzeln zu zerstören, sodass die nächste Generation den Glauben verliert.“
Im Oktober 2018 wurde auch die Versammlungsstätte einer Hauskirche in der in der Nähe von Peking gelegenen Stadt Bazhou (Provinz Hebei) geschlossen, weil sie sich in der Nähe eines Kindergartens befand.
Doch nicht nur religiöse Versammlungsstätten sind in der Nähe von Schulen verboten, sondern alles, was auch nur im Entferntesten mit Religion zu tun hat. Wie Bitter Winter bereits berichtete, hat die Regierung befohlen, ein Wandbild einer buddhistischen Nonne umzugestalten, weil sich dieses in der Nähe einer Schule befand. Zunächst war die Nonne auf dem Wandbild zu einem „jungen Mädchen“ umgewandelt worden, weil das Bild der Nonne das „Denken der Kinder beeinflussen könnte“. Kurz darauf wurde das gesamte Bild durch ein Wandbild ersetzt, auf dem „Familienglück“ dargestellt wird.
Für die derzeitige chinesische Regierung sind nicht nur die Kirchen eine wahre Gefahr – auch einfach religiöse Bilder stellen eine Bedrohung dar. Es scheint so, als ob der Staat zu verhindern versucht, dass die nächste Generation auch nur die geringste Vorstellung von Religion hat.
Bericht von Feng Gang