Die Ortsbehörden in Xinjiang spielen die ansässigen Han-Chinesen gegen ihre muslimischen Nachbarn aus, um “gesellschaftliche Stabilität“ zu erreichen.
Bitter Winter sprach vor kurzem mit Anwohnern in Xinjiang über die neue Regierungsmaßnahme, die unter dem Namen “gemeinsame Verteidigung von zehn Haushalten“ bekannt ist.
Im April schickte der Brigadesekretär in Kumul (Xinjiang) die anwesenden Uiguren nach der Fahnenzeremonie der Brigade fort, während die Han-Leute bleiben sollten. Dann stellte er ein Programm vor, das seiner Aussage nach eine Staatsrevolte der Uiguren verhindern sollte. Im Rahmen dieses Programms sollten alle Han-Anwohner Kampfschutzausrüstung wie zum Beispiel Schutzkleidung, Helme, Schilder, Handschuhe, Stacheldraht, Feuerlöscher und mehr besorgen. Außerdem sollte jeder Haushalt eine, per Knopfdruck auszulösende, Alarmvorrichtung im Wert von 500 RMB (ca. 73 USD) und zwei Sicherheitskameras im Wert von insgesamt über 2000 RMB installieren.
Die Han-Anwohner sollen alle diese Investitionen aus eigener Tasche bezahlen, um den Staat in seinem paranoiden Kampf gegen Minderheiten und Religion zu unterstützen. Besonders die Uiguren werden allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer religiösen und ethnischen Minderheit als Terroristen und Staatsfeinde betrachtet. Auf diese Art verfolgt die Kommunistische Partei Chinas nicht nur die Uiguren, sondern tut dies auch noch auf Kosten der Han-Chinesen und stürzt mit der Verfolgung ihrer Absichten beide Gemeinschaften ins Elend.
Die hier erwähnten Maßnahmen wurden auch in den nahegelegenen Städten Kuitun und Shihezi eingeführt. Frau Wang, eine Hotelbesitzerin aus dem Kreis Hetian, klagt, dass die Polizei sie gleich zwei Mal gezwungen habe, Alarmvorrichtungen bei sich zu Hause anzubringen. Zudem, dass sie eine Kampfschutzausrüstung erwirbt. Insgesamt hat sie dieser, vom Staat initiierte, Terrorismus beinahe 4000 RMB gekostet.
In der Vergangenheit hat Frau Wangs Geschäft schon unter der “halal-Verallgemeinerung“-Kampagne der KPCh gelitten, in deren Rahmen sie gezwungen worden war, das Wort “halal“ vom Schild ihres Hotels zu entfernen. Dies hätte beinahe zur Schließung ihres Hotels geführt und ihr Ehemann hatte sich gezwungen gesehen, zusätzlich noch Arbeit aufzunehmen, damit sie überleben konnten. Die Kampfschutzausgaben stellen für die finanziell ohnehin belastete Familie eine weitere Last dar.
Um das Programm “gemeinsame Verteidigung von zehn Haushalten“ umzusetzen, haben die Behörden eine “Verantwortlichkeitserklärung zur gemeinsamen Verteidigung“ herausgegeben. Dieser zufolge ist vorgesehen, dass die Han-Leute nach Uiguren und anderen „verdächtigen Individuen“ Ausschau halten sollen, die Kleider mit Halbmond- und Sternsymbolen oder Bärte tragen oder ihr Gesicht bedecken.
Frau Yu Ying (Name von der Redaktion geändert) aus Changji berichtet aus ihrer Nachbarschaft, dass die Polizei im Mai Knüppel und Schilder zum Kampfschutz an die Anwohner verteilt habe. Außerdem verteilten sie rote Armbinden, auf denen stand “eingesetzt zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Stabilität“. Die Anwohner wurden angewiesen, ihre Sachen zusammenzusammeln und sich zu einem angekündigten Ort zu begeben, sobald ein Alarm ertönen würde.
Als im Juli der Alarm ertönte, brauchten Frau Yu und ihre Gruppe “gemeinsamer Verteidigungshaushalte“ länger, um ihre roten Armbinden zu finden und kamen daher ein paar Minuten zu spät zum Versammlungsort. Daraufhin bestraften die Behörden diese zehn Haushalte umgehend, in dem sie ihre Geschäfte drei Tage lang schließen ließen. Frau Yu und ein paar andere wurden auf der lokalen Polizeidienststelle festgehalten.
Dort wurden sie gezwungen das “Anti-Terrorismus-Gesetz der Volksrepublik China“ auswendig zu lernen und durften erst gehen, als sie es korrekt aufsagen konnten. Die Polizei zitierte auch Artikel 91 des Gesetzes, in dem steht: “Diejenigen, die eine Zusammenarbeit mit den, für die anti-terroristischen Sicherheits- sowie die geheimdienstlichen, investigativen und reaktiven Maßnahmen zuständigen Stellen verweigern, droht eine maximale Geldstrafe von 100 000 RMB und 15 Tage Haft.“
Insiderquellen berichten, dass sämtliche dieser Maßnahmen Folge dessen sind, was die KPCh als “Stabilisierung Xinjiangs, aber nicht notwendigerweise als weitere Entwicklung“ bezeichnet. Aus diesem Grund haben die lokalen Behörden 70 Prozent ihrer Ressourcen in “gesellschaftliche Stabilität“ investiert, wozu auch gehörte, die Massen zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der Kontrolle von Aufständen zu mobilisieren.
Nach Angaben einiger Wissenschaftler hat die KPCh mehr als eine Million Uiguren festgenommen und in “Umerziehung durch Bildung“-Lager geschickt. Dieses Vorgehen wurde weltweit verurteilt und hat zahllose uigurische Familien zerstört. Doch das scheint für die chinesische Regierung keine Bedeutung zu haben: Sie plant die Angriffe auf die Uiguren noch zu verstärken.
Das Vorgehen erinnert daran, wie die KPCh auf die Studenten vom Tiananmen-Platz, Falun Gong, die tibetischen Aufstände und anderes reagiert hat. Die Regierung ist sich der öffentlichen Feindseligkeit und des öffentlichen Aufschreis bewusst, die ein solches Vorgehen hervorruft, und ist daher schlau genug, das Ganze als “Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Stabilität“ auszugeben.
Bericht von Li Zaili