Die Behörden nutzen eine Kampagne gegen illegale Bauten als Vorwand, um zwangsweise religiöse Stätten zu zerstören.
Seit die lokale Vereinigte Arbeitsfront (UFWD) in der, im Nordwesten Chinas gelegenen, Provinz Shaanxi im Juli letzten Jahres ein, auf den Äußerungen des Zentralkomitees basierendes Geheimdokument herausgegeben hat, in dem es darum geht, “die Verwaltung von religiösen Stätten verstärkt zu vereinheitlichen“, haben die Behörden unter dem Vorwand einer Kampagne gegen illegale Bauten eine umfassende Zwangszerstörung von religiösen Stätten und Statuen durchgeführt.
Und wieder fühlen die Menschen sich an die Kulturrevolution erinnert. Nach und nach werden alle möglichen Tempel zerstört: antike, daoistische, buddhistische…
Am 1. Dezember 2018 wurde die Drachenkönig-Palasthalle in dem, auf dem Zhongnan-Berg gelegenen, buddhistischen Guanyin-Kloster im Stadtbezirk Chan’an (Stadt Xi’an, Shaanxi) unter dem Vorwand, es handle sich um ein illegales Bauwerk, vollständig zerstört. Regierungsbeamte hatten im August eine “Mitteilung zur Zerstörung wegen illegaler Erbauung“ in Bezug auf die Drachenkönig-Palasthalle herausgegeben. Einen Monat später wiesen die Regierungsbeamten die Zerstörungsarbeiten an, die bis in den Dezember hinein andauerten.
Die Zerstörung der Drachenkönig-Palasthalle:
Und das, obwohl das Kloster zuvor eine Genehmigung für den Bau der Halle von den lokalen Regierungsbeamten erhalten hatte – was beweist, dass die Begründung der Regierung nur vorgeschoben, und dies nur eine weitere Form der Religionsunterdrückung sei, erklärte einer der Laienbuddhisten. Er berichtete auch, dass der Leiter des Tempels in den lokalen buddhistischen Kreisen anerkannt und sogar Abgeordneter im Nationalen Volkskongress der Provinz Shaanxi sei – dass er aber, als er sich der Zerstörung des Tempels widersetzte, unter Hausarrest gestellt worden war. Er wurde erst wieder entlassen, als der Tempel zerstört worden war. Die KPCh-Beamten ermahnten ihn, dass er gut daran täte, dem Glauben an die Partei den Vorzug zu geben.
Der Bau der Palasthalle war im Mai 2009 begonnen worden. Da sich das Fundament auf einem felsigen Berg befand, war sehr viel harte Arbeit nötig gewesen, um die Baufläche zu ebnen: Der Bau dauerte neun Jahre lang und kostete 30 000 000 RMB (ungefähr 3 939 639 EUR). Die Gelder für den Bau stammten alle aus buddhistischen Spendengeldern (Dāna) aus mehreren Regionen.
“Seit der Drachenkönig-Palast der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, hat er zahlreiche buddhistische Pilger und Touristen angezogen, die dort ihre Ehrerbietung zeigten. Seine offizielle Eröffnung aber fand nur sechs Monate vor der Zwangszerstörung statt und unsere Verluste sind enorm“, erklärt der Buddhist.
Video: Die Drachenkönig-Palasthalle nach ihrer Zerstörung.
Während die Drachenkönig-Palasthalle zerstört wurde, erlitt ein weiterer Tempel ebenfalls schwere Verluste: Innerhalb von zwei Monaten wurden zwei große, freistehende Guanyin-Statuen vor dem buddhistischen Eisentempel im Kreis Xixiang im Zuständigkeitsbereich der Stadt Hanzhong (Shaanxi) entfernt.
Anfang November 2018 begann die Lokalregierung mit der Zerstörung der berühmten “Dreigesichtigen Guanyin“-Statue des buddhistischen Eisentempels.
“Die Regierungsbeamten erklärten den Arbeitern, dass sie nur wenig Zeit hätten und daher Tag und Nacht ohne Unterbrechung arbeiten müssten“, berichtete ein Vertreter des buddhistischen Eisentempels. Während der Zerstörung der Statue wurde der Eingang zum Tempel mit Bambusbrettern versperrt. Touristen war es verboten, den Tempel zu betreten und Fotos zu machen.
“Die Zerstörung der Guanyin-Statue wurde heimlich durchgeführt. Die Menschen, die im Tempel die Zerstörung durchführten, durften ihren Familien nicht sagen, dass sie die Statue abrissen – jeder, der diese Information weitergegeben hätte, wäre festgenommen und ins Gefängnis geworfen worden. Täglich kamen leitende Beamte zur Inspektion und drängten auf eine rasche Durchführung“, erklärte ein ortsansässiger Mönch.
Quellen berichten, dass ein Geschäftsmann, der den Bau des buddhistischen Eisentempels unterstützt hatte, der Regierung 2 000 000 RMB (ungefähr 26o 000 EUR) angeboten habe, um die Zerstörung der Dreigesichtigen Guanyin-Statue zu verhindern, doch die Regierung lehnte dies ab.
Die Zerstörung der zweiten Guanyin-Statue in diesem Tempel begann am 28. Dezember. Nach nur fünf Tagen war von dem religiösen Bauwerk nur noch der Sockel übrig.
“Sie können uns so viel Geld anbieten, wie Sie wollen, dies[e Zerstörungskampagne] wurde von Xi Jinping angeordnet. Wir müssen sie durchführen“, erklärte ein Regierungsbeamter.
Bericht von Zhou Xiaolu