Zielgruppen dieser Einschränkungen sind unter anderem Lehrer, medizinische Angestellte und niederrangige Staatsbeamte.
Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) begrenzt Auslandsreisen zu privaten Zwecken schon seit langem. Doch in den letzten Jahren haben die Behörden die Ausreisemöglichkeiten für niederrangige Staatsbeamte Schritt für Schritt noch weiter beschnitten und die Vorschriften auch auf den Bildungssektor ausgeweitet: Sie verlangen von den Grund- und weiterführenden Schulen in China, dass sie Lehrer, die ins Ausland reisen, stärker kontrollieren, indem sie deren Reisepässe einsammeln.
Der Erlass war direkt vor dem vergangenen Nationalfeiertag, dem 1. Oktober, verkündet worden.
“An alle Leiter von Stadtbezirksschulen, von Grund- und weiterführenden Schulen unter direkter Kontrolle der Kreisregierungen und Kindergärten: Sammeln Sie bitte alle Reisepässe, Ein- und Ausreisegenehmigungen nach und von Hongkong und Macao sowie Reisegenehmigungen von Festland-Chinesen zur Ein- und Ausreise nach und von Taiwan von den Lehrern in Ihrer Arbeitseinheit ein und hinterlegen Sie die Papiere zur einheitlichen Verwaltung im Archiv des Büros für Bildung. Diejenigen, die sich weigern, der Personalabteilung ihre Dokumente zur Ausreise aus dem Land (dem Staatsgebiet) zu Privatzwecken auszuhändigen, werden bestraft,“ steht in einer Bekanntmachung.
Diese Bekanntmachung wurde am 7. September 2018 an eine WeChat-Gruppe von Grundschullehrern in der Stadt Yinchuan im autonomen Gebiet Ningxia der Hui-Nationalität geschickt.
Also hielt sich der Schulleiter an die Anordnung der Regierung und drängte die Lehrer, ihre privaten Reisepässe abzugeben, was sie – wie die Lehrer der Schule berichten – auch tun mussten. In China gibt es verschiedene Arten von Reisepässen: normale, d.h. Reisepässe für private Angelegenheiten, welche die meisten Bürger zum Reisen verwenden, wenn es ihnen erlaubt ist, und Diplomaten- bzw. Dienst-Pässe.
Am 9. Oktober schickten die Schulbehörden eine weitere Nachricht in die WeChat-Gruppe der Lehrer. Daraus geht hervor, dass die Bildungsbehörde des Autonomen Gebiets gemäß der Vorschriften in der revidierten Disziplinarstrafordnung der Kommunistischen Partei Chinas, die seit 1. Oktober gültig ist, aktuell die Verfahren für Auslandsreisen zu Privatzwecken eingestellt habe.
In anderen Worten: Kein Mitglied der Lehrerschaft oder der Verwaltung kann das Land nach Belieben verlassen.
Schlimmer noch: Die Praxis, die Bürger am Verlassen des Landes zu hindern, wird in ganz China umgesetzt. Man muss es sich so vorstellen, dass die Menschen nun Gefangene im eigenen Land sind.
Am 25. Dezember 2018 veröffentlichte das Büro für Bildung der Stadt Xinle in Chinas nördlicher Provinz Hebei ein Dokument mit dem Titel: Wichtige Benachrichtigung zur Durchführung von Sonderbereinigungs- und Regulierungsarbeiten in Bezug auf illegales Verlassen des Landes (oder Staatsgebiets) zu Privatzwecken. Darin werden alle Schulen in der Stadt dazu aufgefordert, sich auf die “Bereinigung“ und “Regulierung“ von Fällen zu konzentrieren, in denen Menschen sich weigern, ihre privaten Ausreisedokumente auszuhändigen; ohne Erlaubnis ausreisen; Auslandsreisen zu Privatzwecken nicht melden und so weiter.
In der Nachricht wird auch verlangt, dass alle Einheiten weitere Überprüfungen und Untersuchungen in Bezug auf gültige Dokumente für Auslandsreisen zu Privatzwecken im Besitz ihrer Angestellten durchführen. Reisepässe und andere davon betroffene Dokumente werden registriert und archiviert, um festzustellen, ob auch alle Dokumente ausgehändigt wurden.
Dies ist das erste Mal seit ungefähr 40 Jahren, dass derart gegen Reisen von Lehrern vorgegangen wird.
In den vergangenen Jahren haben die Behörden nicht nur die Kontrollen von Auslandsreisen der Lehrkräfte verstärkt, sondern auch von niederrangigen Staatsbeamten und öffentlichen Angestellten.
Vergangenen Oktober brachte eine Kreisregierung in der Stadt Baoding (Provinz Hebei) eine Nachricht heraus, in der alle Angestellten und Leiter von Einheiten, die auf der regulären Gehaltsliste des Kreises stehen, dazu aufgefordert werden, ihre Reisepässe und Ein- und Ausreisegenehmigungen für Reisen nach und aus Hongkong und Macao sowie ihre Reisegenehmigungen für Taiwan zur einheitlichen Verwaltung durch die eigens dafür ausgewählten Mitarbeiter der Einheit auszuhändigen.
In der Nachricht wurde auch betont, dass jeder, der seine Auslandsreisen mit einem privaten Reisepass nicht meldet, oder sich weigert, seine Ausreisedokumente auszuhändigen, vom Parteikomitee der Einheit (oder dem Zweig der Partei) gerügt wird.
Lu Yao (Name von der Redaktion geändert) arbeitet in einem Krankenhaus in Baoding. Sie berichtete Bitter Winter, dass das Krankenhaus sofort nach Erhalt der entsprechenden Nachricht im November 2018 die Reisepässe der Angestellten eingezogen hat. Wenn Angestellte ihre Reisepässe benötigen, müssen sie einen Antrag bei der Krankenhausverwaltung stellen und auf Genehmigung warten.
Ungefähr zur selben Zeit brachte das Büro für Öffentliche Sicherheit in einem Kreis der Stadt Langfang (Hebei) ein Dokument heraus, in dem verlangt wurde, dass der gesamte Kreis weiterhin “Sonderregulierungsarbeit ausführen“ und eine hierarchische und zentralisierte Verwaltung der Reisepässe einrichten soll – und zwar in Hinblick auf diejenigen, die im Besitz von Dokumenten sind, die ihnen eine Ausreise aus dem Land zu Privatzwecken ermöglichen.
In dem Dokument steht auch, dass diese Sonderregulierungsarbeit ein wesentlicher Bestandteil der, von der Provinz Hebei durchgeführten “Operation Skynet“ sei – einer von Xi Jinpings Regierung eingeführten Anti-Korruptionskampagne, die darauf abzielt, korrupte Beamte, die aus dem Land geflohen sind, von Staaten wie Großbritannien oder den USA rückführen zu lassen.
Bericht von Yang Xiangwen