Regierungsvertreter läuten das Frühlingsfest ein – das Chinesisches Neujahr – und beschneiden dabei christliche Literatur.
Religionsfreiheit in China ist nach wie vor ein Wunschtraum. Christen in der zentralchinesischen Provinz Henan sind die größten Leidtragenden, da Regierungsvertreter dort, zusätzlich zu anderen Mitteln religiöser Verfolgung, die Verbreitung christlicher Kalender und Spruchbänder verbieten.
Ein praktizierender Christ der De’en-Kirche im Bezirk Xigong im Hoheitsbereich der Stadt Luoyang, der namentlich nicht genannt werden will, teilte Bitter Winter mit, dass seine Kirche einen christlichen Kalender vorbereitet habe, der Ende 2018 an die Gemeindemitglieder verteilt werden sollte. Doch als sie ihn drucken wollte, lehnte der Eigentümer der Druckerei dies ab und sagte, er würde es nicht wagen, religiöses Material zu drucken.
„Die Regierung untersagt den Druck von jeglichem Material, welches sich auf Religionen wie Buddhismus und Christentum beziehen. Manchmal druckt eine kleine Druckerei heimlich religiöses Material. Sobald die Regierung sie dabei erwischt, wird eine Geldstrafe verhängt. Größere, offizielle Druckereien trauen sich nie, religiöses Material zu drucken,” erklärte der Manager einer mittelgroßen Druckerei im Stadtteil Xigong. „Beamte des kommunalen und Bezirks-Verwaltungsbüros für Kulturdenkmäler, des Büros für religiöse Angelegenheiten, des Nachrichtenbüros und anderer Ämter führen häufig Kontrollen durch. Wenn jemand tatsächlich religiöses Material gedruckt hat, wird eine hohe Geldstrafe verhängt. Und nicht wenige Druckereien, gegen die vorgegangen wurde, sind gewaltsam geschlossen worden.”
Bitter Winter besuchte auch eine kleine Druckerei, deren Manager sagte, es sei ihm seit langem verboten, religiöses Material zu drucken.
„Ein Tischkalender oder ein Bild für die Wand – wir dürfen nichts drucken, was irgendwie mit Jesus zu tun hat”, erklärte der Inhaber der Druckerei. „Mitarbeiter des Büros für Industrie und Handel führen häufig Inspektionen durch. Sie haben uns schon immer den Druck derartigen Materials verboten. Sobald sie feststellen, dass wir Material im Zusammenhang mit Religion gedruckt haben, werden wir von der Regierung entsprechend der gedruckten Menge bestraft. Inzwischen ist diese Kontrolle noch strenger geworden. Wagt es also jemand heimlich religiöses Material zu drucken und fliegt dann auf, wird er in minder schweren Fällen mit einer Geldstrafe bestraft und seine Geschäfte werden geschlossen. In schweren Fällen droht solchen Personen jedoch auch eine Haftstrafe.”
Für die Christen der De’en-Kirche haben die restriktiven Vorgehensweisen der Behörden nicht nur dazu geführt, dass ihnen das Drucken und die Verwendung von christlichen Tischkalendern verboten ist, sondern inzwischen auch das Aufhängen von Spruchbändern.
In einem Versuch, die Verbreitung von Spruchbändern zu unterbinden, haben es sich die Behörden zur Aufgabe gemacht, Kirchen zu besuchen und profane Spruchbänder als Geschenke an die Gläubigen zu verteilen. Die Kirchen wurden dann aufgefordert, diese aufzuhängen. Genau das geschah, als der stellvertretende Sekretär der Stadtgemeinde Sucun im Bezirk Lingbao im Hoheitsbereich der Stadt Sanmenxia am Weihnachtstag Christen besuchte.
Die Gläubigen haben sich über seinen Besuch nicht besonders gefreut.
„Das ist ungefähr so, wie wenn ‘ein Fuchs einem Huhn seine Neujahrswünsche übermittelt – da stecken bestimmt böse Absichten dahinter.’ Die Regierung gibt Spruchbänder mit der Absicht heraus, uns an unserem Glauben an Gott zu hindern!”
Im gleichen Zeitraum forderten die Behörden des Bezirks Xin’an im Hoheitsbereich der Stadt Luoyang die Kirchen auf, eine Reihe von Spruchbändern für das Frühlingsfest zu bestellen, die die “sozialistischen Kernwerte” und die traditionelle chinesische Kultur hochhalten, und sie dann an die Gläubigen auszugeben.
In einem Protestversuch gegen derartige Regierungsorder, haben einige Kirchen Spruchbänder ohne Text aufgehängt. Wenn Christen keine Spruchbänder gestattet sind, die ihren Glauben an Gott bestärken, werden bestimmt keine profanen, von der Regierung herausgegebenen Sprüche aufgehängt.
„Die Regierung gestattet uns nicht, die Spruchbänder der Kirche aufzuhängen, sonst wird die Kirche geschlossen. Uns wurde befohlen, die einheitlich verteilten Spruchbänder aufzuhängen. Aber wir glauben an Gott. Selbst wenn das bedeutet, Bänder ohne Worte aufzuhängen, werden wir die der KPCh auf keinen Fall zeigen”, sagte ein Gläubiger im Bezirk Tangyin im Hoheitsbereich der Stadt Anyang.
Doch das Verbot aller religionsrelevanten Symbole ist für die Gläubigen in China tatsächlich nichts Neues.
Während des Frühlingsfests im vergangenen Jahr hatte die KPCh Gläubigen strikte Beschränkungen auferlegt, die christliche Spruchbänder aufhängten. Lokale Regierungen in ganz China begannen sofort mit Kampagnen, um sie zu zerreißen und zu zerstören.
Bitter Winter kam in den Besitz eines vertraulichen Dokuments, das Anfang 2018 von der Stadtregierung von Luoyang herausgegeben wurde und einen “speziellen Plan zur Umsetzung einer Kampagne” zur Vereinheitlichung christlicher Angelegenheiten betraf. In dem Dokument wurde verlangt, dass ein Schwerpunkt auf die Lösung vieler auffälliger Probleme gelegt werde, die sichtbar sind, Auswirkungen haben und „sich an der Oberfläche befinden.”
Mit anderen Worten: Jede Art von Bemühungen, Spruchbänder mit religiösen Konnotationen an die Gesellschaft zu verteilen, zu beenden; den Verkauf gedruckten religiösen Materials und aller Arten von Gegenständen, die kirchenrechtliche Lehren enthalten, von Rechts wegen zu untersuchen und zu bestrafen; jegliche illegale Veröffentlichung im Zusammenhang mit Religion streng zu verbieten sowie unerbittlich gegen illegalen Druck, Verbreitung, Verkauf und Vertrieb illegaler religiöser Publikationen und Werbematerial vorzugehen.
Nun ja, Unterdrückung ist sicherlich auch eine Art, das chinesische Neujahr zu beginnen.
Bericht von Xin Lu