Die chinesischen Behörden verbieten religiöse Beerdigungs- und Hochzeitszeremonien und lassen die Kirchgänger keine religiösen Rituale oder Traditionen durchführen.
Bericht von Xin Lu
Die KPCh ergreift Maßnahmen gegen Gläubige, die religiöse Aktivitäten irgendeiner Art außerhalb ihrer Andachtsstätten durchführen. Außerdem verbietet sie, dass Besuchergruppen, Chöre, Orchester oder andere Vereinigungen privat religiöse Aktivitäten durchführen, ohne dies zuvor den Religionsbehörden gemeldet zu haben. Um diese Vorschrift durchzusetzen, werden nun sogar die Beerdigungen und Hochzeiten von Gläubigen jedweder spirituellen Traditionen und Rituale beraubt.
Keine religiösen Rituale für die Toten
Am 12. April hielt der Leiter einer Drei Selbst-Kirche in der Stadt Xinyang in der Zentralprovinz Henan eine Beerdigung für ein über 80 Jahre altes, verstorbenes Gemeindemitglied ab. Diese Zeremonie, an der elf Personen teilnahmen, wurde von Beamten der Lokalregierung und Polizeibeamten unterbrochen.
„Es ist eine Frechheit, sich hier auf dem Land für eine religiöse Beerdigung zu verstecken. Anderswo wären Sie für eine solche Zeremonie mit einer Geldstrafe belegt und verhaftet worden. Sie stellen sich mit dieser Aktion gegen die Regierung“, warfen die Beamten dem Kirchenleiter vor. Sie drohten ihm auch, ihn zum „Haferschleimtrinken“ zu schicken – ein Ausdruck, der sich auf einen Gefängnisaufenthalt bezieht.
Die Polizei nahm die Ausweise und Telefonnummern aller anwesenden Gläubigen auf und verlangte von ihnen Zusammenarbeit und die Bereitschaft, jederzeit zum Verhör und für Ermittlungen zur Verfügung zu stehen.
Im Februar wurde eine weitere Beerdigung eines älteren Christen gestört – diesmal in der Gemeinde Pingdeng (Kreis Yichuan, im Zuständigkeitsbereich der Stadt Luoyang). Lokale Beamte behaupteten, dass gemäß den staatlichen Vorschriften christliche Rituale während Beerdigungen sowie das Singen christlicher Lieder außerhalb von Kirchen verboten seien. Mitgliedern des Kirchenchors wurde mit Festnahme gedroht, wenn sie weitersängen. Unter dem Druck und den Einschüchterungen seitens der Behörden zerstreuten sich die Teilnehmer der Beerdigung.
Das Verbot religiöser Beerdigungen gilt anscheinend schon seit ein paar Jahren. Im November 2017 hielten über 20 Christen in einem Dorf im Zuständigkeitsbereich der Stadt Nanyang vor der Beerdigung eines verstorbenen Gläubigen eine Gebetszeremonie für diesen ab. Nach einem Hinweis kamen lokale Polizeibeamte zum Haus des Verstorbenen und warfen den Christen vor, eine „illegale Versammlung“ durchgeführt zu haben. Diese antworteten, dass das Beten für einen Toten keine illegale Aktivität darstelle. Nichtsdestotrotz wurden sie verhaftet und in das Kreisbüro für Öffentliche Sicherheit gebracht. Sechs Teilnehmer an der Beerdigung wurden aufgrund ihres Alters oder aufgrund von Gesundheitsproblemen wieder entlassen, die übrigen wurden für einen Zeitraum von zehn bis zu fünfzehn Tagen festgehalten.
Daoistischer Priester festgenommen – er soll „die kleinen Leute getäuscht“ haben
Mitte April haben mehr als 100 daoistische Gläubige im Hailong-Tempel in der Gemeinde Dachuan (Kreis Tonghua im Zuständigkeitsbereich der Stadt Tonghua in der nordöstlichen Provinz Jilin) eine traditionelle Zeremonie für Märtyrer durchgeführt. Ein Video von der Zeremonie, das online gepostet wurde, erregte die Aufmerksamkeit der Polizei.
Am 17. April kamen über 60 Angestellte von sechs Behörden des Kreises Tonghua (unter anderem von der Kreisregierung, dem Büro für Religiöse Angelegenheiten und der Staatssicherheitsbrigade) zu dem Tempel, um in der Angelegenheit zu ermitteln. Der Tempelleiter erklärte den Beamten, dass er als Mitglied des Ständigen Komitees eine Genehmigung der Daoistischen Vereinigung Chinas besäße und dass die Durchführung einer traditionellen Zeremonie für Verstorbene nicht illegal sei.
Einer der Regierungsbeamten sagte: „Selbst, wenn Sie eine Genehmigung besitzen, ist das inakzeptabel. Sie täuschen die kleinen Leute und das ist illegal.“ Daraufhin verhaftete die Polizei den Tempelleiter aufgrund der „illegalen Durchführung abergläubischer Aktivitäten“ und hielt ihn 15 Tage lang fest. Die Person, die das Video der Zeremonie online gestellt hatte, wurde ebenfalls verhaftet und für die gleiche Anzahl von Tagen festgehalten – unter dem Vorwurf „Streit vom Zaun zu brechen, Ärger zu provozieren und Gerüchte zu verbreiten“.
Hochzeit von Gläubigen unterbrochen
Im März bereitete sich der Leiter einer Kirche in der Stadt Luoyang (Henan) darauf vor, in seiner Kirche eine Hochzeit für seine Verwandten zu veranstalten. Die Dorfbeamten erklärten ihm, dass er die Genehmigung des Büros für Religiöse Angelegenheiten benötige, wenn er eine Hochzeit in der Kirche veranstalten wolle.
Die Hochzeit wurde genehmigt, aber es sollten keine Kinder unter 18 Jahren daran teilnehmen dürfen. Am Tag der Hochzeit sollte auch jeder, der die Kirche betrat, seinen Namen auf einer Liste eintragen. „Sie dürfen keine Aktivitäten außerhalb der Kirche durchführen“, wurde der Kirchenleiter von den Beamten gewarnt, die erklärten, dass sie die Hochzeitszeremonie inspizieren würden.
Der Leiter der Kirche denkt, dass der wahre Grund dafür, dass so viele Hürden gesetzt wurden, darin lag, dass jegliche Hochzeit in der Kirche verhindert werden sollte. Da eine Hochzeit mit so vielen Einschränkungen nicht festlich sein würde, gab er den Plan auf, die Hochzeit in der Kirche zu veranstalten.
Am 01. Mai lud ein christliches Paar aus der Stadt Linfen in der nördlichen Provinz Shanxi die Kirchenband ein, damit bei der Hochzeit ihres Sohnes christliche Lieder gesungen werden könnten. Die glücklichen Eltern waren geschockt, als sie von der Polizei vorgeladen wurden. Die Polizeibeamten erklärten ihnen, dass die Regierung das Singen religiöser Lieder, wie solchen, in denen das Himmelreich gepriesen wird, verbietet. Erst als Dorfbeamte sich für das Ehepaar einsetzten, wurde es wieder freigelassen.