Am 31. Mai wurden in einer fast 70 Jahre alten und einer der einflussreichsten Hauskirchen der Provinz Fujian die Gottesdienste eingestellt. Der Pastor der Kirche wurde mit einer hohen Geldstrafe belegt.
Ye Ling
Die 1950 gegründete, beliebte und bekannte Xunsiding-Hauskirche befand sich in der Stadt Xiamen in der Provinz Fujian im Südosten Chinas. Am 19. Mai erließ das Büro für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten des Stadtbezirks Siming (Stadt Xiamen) einen Verwaltungsstrafbescheid, nach dem die Kirche geschlossen werden sollte.
Begonnen hatten die massiven Angriffe der Regierung auf die Xunsiding-Kirche, als deren Pastor Yang Xibo im vergangenen Jahr Eine Gemeinsame Erklärung von Pastoren, die „Erklärung im Namen des Christlichen Glaubens“ unterzeichnet hatte. Darin war die Verfolgung der Hauskirchen durch die KPCh angeprangert worden. Am 14. Dezember wurde Pastor Yang auf dem Weg nach Chengdu festgenommen, wo er die verfolgten Christen der Early Rain Covenant-Kirche besuchen wollte. Am nächsten Tag eskortierten ihn vier Beamte des Büros für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten der Stadt Xiamen nach Hause. Seitdem wird der Pastor streng überwacht und darf Xiamen nicht verlassen.
ChinaAid hat berichtet, dass die Kirche bereits früher verfolgt worden war: Am 18. Mai 2018 ordneten die Behörden an, einen Kindergarten, den die Kirche betrieb, zu schließen. Am 14. Januar erfolgte eine erneute Razzia gegen die Kirche und der Kindergarten wurde zerstört – mit der Begründung, dass „die Einrichtung versteckte Sicherheitsmängel aufweist.“
Am 11. Mai bestellten Beamte des Büros für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten, des Büros für Öffentliche Sicherheit, des Nachbarschaftskomitees und anderer Regierungseinrichtungen Yang zu einem Treffen. Sie warnten ihn, dass der Xunsiding-Kirche das gleiche Schicksal drohe wie der Shouwang-Kirche in Peking und der Early Rain Covenant-Kirche in Chengdu – zwei große und bekannte Kirchen, die im letzten Jahr geschlossen worden waren. Sie wiesen ihn an, keine Gottesdienste mehr zu halten und die Kirche aufzulösen, da diese gegen die Neue Verordnung für Religionsangelegenheiten verstoßen würde.
Yang machte keine Zugeständnisse: „Bis heute hat die KPCh schon 13 Razzien gegen unser Zuhause durchgeführt. Ich bin auf eine Festnahme vorbereitet“, soll er in einer Predigt wiederholt gesagt haben.
In der Zeit vom 12.-19. Mai verstärkten sich die Schikanen gegen die Kirche und die Kirchengemeinde sogar noch weiter. Die Behörden verschafften sich persönliche Informationen über die Gläubigen, indem sie Kameras mit Gesichtserkennung nutzten, die am Eingang der Kirche installiert wurden. Außerdem wandten sich die Behörden an die Nachbarschaftskomitees in den Gemeinden, in denen jene Gläubige lebten: Sie wiesen die Komiteemitglieder dazu an, die Gläubigen aufzusuchen und sie dazu zu überreden, Erklärungen zu unterzeichnen, in denen sie versprachen, keine Gottesdienste in der Xunsiding-Kirche mehr zu besuchen.
Einer der Gläubigen erinnerte sich: „Es kamen Vertreter des Nachbarschaftskomitees, aber auch normale Polizisten und Hilfspolizisten. Vor dem Eingang hielten zwei SEK-Beamte Wache. Die Ausweisdaten von allen wurden erfasst.“
Manche der Gläubigen wurden sogar von ihren Arbeitgebern unter Druck gesetzt. Ein Gemeindemitglied erzählte Bitter Winter, dass einer seiner Vorgesetzten ihm am 15. Mai gedroht habe, um ihn zur Unterzeichnung der Erklärung zu zwingen: „Wenn ich nicht unterzeichnete, würden alle meine Verwandten, die für Regierungsbehörden arbeiten, die Konsequenzen tragen müssen und ihren Job verlieren“, berichtete der Gläubige. „Ich hatte keine andere Wahl, als die Erklärung zu unterzeichnen.“
Am 19. Mai erließ das Büro für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten des Stadtbezirks Siming (Xiamen) einen Verwaltungsstrafbescheid, in dem stand, dass Yang Xibo verdächtigt würde, gegen die Neue Verordnung für Religionsangelegenheiten zu verstoßen, denn die Xunsiding-Kirche sei ohne Genehmigung gegründet worden. Es wurde die Schließung der Kirche angeordnet und Yang Xibo wurde mit einer Geldstrafe von 25 000 RMB (ungefähr 3200 EUR) belegt.
Am darauffolgenden Tag legte Yang Xibo Berufung ein und forderte das Büro für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten dazu auf, eine Anhörung abzuhalten. Diese fand am 31. Mai um 10:00 Uhr morgens statt, doch die Berufung der Kirche wurde abgelehnt und die Entscheidung, die Kirche zu schließen, aufrechterhalten. An jenem Abend umstellten Polizeibeamte die Kirche und verwehrten jedem den Zutritt.
Ein ortsansässiger Christ berichtete, dass die Behörden von Xiamen vorhaben, innerhalb der nächsten zwei Jahre alle Hauskirchen zu schließen. Die Xunsiding-Kirche sei eines der ersten Ziele dieser Schließungen gewesen, da sie in der Gegend recht einflussreich war. Er berichtete weiter, dass im vergangenen Monat auch andere Hauskirchen in Xiamen unter Angriffen der Regierung zu leiden hatten, so zum Beispiel die Living Springs-Kirche, die Haifu-Kirche, die Jimei-Kirche und die Ölberg-Kirche. Die Jimei-Kirche wurde dazu angewiesen, die Gottesdienste vor dem 31. Mai einzustellen.