Die Behörden in Xinjang haben illegal Strafen von über zehn Jahren über chinesische Muslime verhängt.
Die von der Kommunistischen Partei Chinas gestützten Behörden haben Uiguren, Kasachen und Hui-Muslime unter dem Verdacht der Verletzung von Artikel 120 des chinesischen Strafgesetzes festgenommen. Dieser bezieht sich auf die Verbreitung von Terrorismus durch Bücher oder Audio- und Videomaterial. Nur bei “sehr schweren“ Vergehen kann jemand hierfür eine Haftstrafe von mehr als fünf Jahren erhalten.
Bitter Winter hat von mehreren solcher “sehr schwerer“ Vorfälle und den dafür verhängten Strafen erfahren. Alle im Artikel genannten Namen wurden von der Redaktion geändert.
2017 erhielt ein junger uigurischer Mann, Adil, von einem damaligen Freund eine Multimediakarte. Als er die Karte in seinem Computer öffnete, fand er darauf mehrere Videos zum Thema Islam. Von diesen Videos sah er sich nur eines an, das zeigte, wie man korrekt das salat (die islamische Form des Gebets, auch namaz) praktiziert. Er stellte fest, dass die anderen Videos prekärer waren, entfernte die Karte daher sofort und entsorgte sie.
Im Januar 2018 kamen Kader vom lokalen Büro für Öffentliche Sicherheit jedoch zu Adils Haus. Sie befragten ihn über seinen Freund und über die Karte, die dieser ihm gegeben hatte. Er sagte ihnen alles genau so, wie es geschehen war, doch die Polizei weigerte sich, ihm Glauben zu schenken. Sie nahmen ihn mit und seine Eltern blieben drei Monate lang ohne Nachricht von ihm. Auch die Beamten, die ihn verhaftet hatten, gaben keinerlei Informationen.
Später wurde dann ein Videochat zwischen Adil und seinen Eltern arrangiert. Er war immer noch in Polizeigewahrsam und sagte seinen Eltern, er sei zu 11 Jahren Haft verurteilt worden. Für diese Strafverhängung hatte es keine Gerichtsverhandlung, keinen Haftbefehl und kein legales Verfahren gegeben.
Adil ist verheiratet und hat drei Kinder. Seine Frau muss sich nun um die Familie und um ihr Geschäft gleichzeitig kümmern.
Im gleichen Zeitraum passierte Erkin etwas Ähnliches. Obwohl er ein gläubiger Moslem war, gab er eine Karte mit islamischen Videos, die er erhalten hatte, an die Polizei weiter, ohne überhaupt zu schauen, was darauf war. Dennoch wurde er in Gewahrsam genommen und wird nun 15 Jahre lang im Gefängnis gehalten. Erkin ist verheiratet und hat drei Kinder, außerdem sorgt seine Familie auch für seinen kränklichen Vater.
Ein anderer Uigure wurde zu 11 Jahren Haft verurteilt, weil er eine Multimediakarte an einen Freund weitergab. Seine Frau Gülnar durfte erst fünf Monate nach seiner Festnahme mit ihrem Ehemann Sayit sprechen. Im Gespräch sagte ihr Ehemann, dass er erst nach mehr als zehn Jahren würde entlassen werden. Das Ehepaar hat vier Kinder und ein Darlehen von 100 000 RMB zu tilgen. Gülnar ist nun von der finanziellen Hilfe ihrer Eltern abhängig.
Seit Februar 2017 hat Tianshan Net – ein online-Propagandaportal in Xinjiang – über 100 Beispiele “illegaler Internetkommunikation“ veröffentlicht. In diesen Beiträgen steht, dass die Minderheiten Multimediakarten dazu verwenden, “terroristische Bilder oder Videos zu speichern und zu verbreiten.“ Auf der Seite werden jedoch nie genaue Informationen über die Festnahme von Personen und illegale Haft gegeben.
Bericht von Jiang Tao