Während Behörden Gläubigen eine Gegenpropaganda zur Verfügung stellen, die den Kommunismus preist, verbieten sie zugleich christliche Kalender, Spruchbänder oder religiöse Texte und bestrafen entsprechende Lieferanten.
Bitter Winter hat berichtet, dass Behörden in der Provinz Henan Gläubige daran hindern, religiöse Spruchbänder aufzuhängen und stattdessen Kirchgängern „Gegen-Spruchbänder“ aushändigen, die die „Liebe zur Partei“ preisen. Neue Berichte machen die Ausmaße deutlich, inwieweit die Behörden von Henan wie die Polizei denken und alle bestrafen, die religiöses Material produzieren oder vertreiben.
Im Februar veröffentlichte das Amt für Stadtplanung des Bezirks Lushi in Sanmenxia, einer Stadt auf Präfekturebene im Westen von Henan, ein Dokument mit dem Titel Verpflichtungserklärung zum bewussten Widerstand gegen illegale religiöse Aktivitäten, das die folgenden Anweisungen enthält: Während des Frühlingsfestivals sind die Organisation von Feierlichkeiten oder Aktionen mit religiösen Konnotationen an öffentlichen Orten verboten. Ebenso sind das Aufstellen, Anbringen oder der Verkauf von Werbematerialen oder Waren (z.B. Spruchbänder, Keramikfliesen, Wandgemälde usw.) mit religiösen Themen verboten. Das Aufstellen von Werbematerial oder Werbung in Zusammenhang mit religiösen Themen ist ebenfalls strengstens untersagt. Jeder Person, die dagegen verstößt, werden die entsprechenden Gegenstände abgenommen.
Das führte dazu, dass kein einziger Verkäufer auf einem, der von Bitter Winter besuchten lokalen Märkte des Bezirks, Spruchbänder oder Kalender, die mit religiösen Glauben in Verbindung standen, verkaufte.
„Niemand auf dem gesamten Markt wagt es, so etwas noch zu verkaufen“, erklärte ein Verkäufer Bitter Winter. „Die Mitarbeiter der Stadtplanung warnten uns, dass es niemandem gestattet ist Gemälde, kalligraphische Werke oder Spruchbänder, die mit religiösen Glauben zu tun haben, zu kaufen oder zu verkaufen. Sobald solche Dinge entdeckt werden, wird der Stand des Verkäufers sofort geschlossen. Das sind die wichtigsten Richtlinien und Prinzipien des Staates. Dieses Jahr werden sehr strenge Inspektionen durchgeführt, sodass sich die Hersteller nicht trauen, solche Artikel auch nur herzustellen. Jeden Tag kommen Regierungsmitarbeiter, führen Kontrollen durch und machen Fotos.“
Die Überwachung und Bestrafung macht auch vor den Personen nicht Halt, die religionsbezogenes Material und Artikel produzieren. Ein Beispiel: Am 28. Dezember 2018 stürmten im Bezirk Biyang der Stadt Zhumadian mehr als 20 Regierungsmitarbeiter und Polizeibeamte eine Druckerei, die von einer Christin der Great Praise Kirche betrieben wird, beschlagnahmten ihren Computer und verurteilten sie zu einer Geldstrafe von 10.000 RMB (ca. 1300 Euro). Der Grund dafür war, dass die Frau einige einseitige Kalender gedruckt hatte, die ein Kreuz zeigten und die ein Gläubiger an Menschen auf der Straße verteilte. Es gelang der Druckerin später allerdings, dass man ihre Geldstrafe auf 2.000 RMB (ca. 260 Euro) reduzierte.
Nach wie vor erhält Bitter Winter Berichte aus Henan über Kirchen und Einzelpersonen, die wegen des Verteilens oder Zeigens religiöser Materialien und Spruchbänder verfolgt wurden.
Am 13. Januar verteilte der Vorstand der Enhui-Kirche in der Stadt Yanji im Zuständigkeitsbereich der Stadt Yongcheng an jeden Gläubigen einen Kalender mit dem Bild eines Kreuzes. Da der Verkauf von Kalendern und Spruchbändern mit christlichen Inhalten in dieser Region seit langem verboten ist, waren die Gläubigen hocherfreut, ein solches Geschenk zu Neujahr zu bekommen. Der Kirchenvorstand riet ihnen jedoch zu ihrer eigenen Sicherheit, den Kalender so zu falten, dass man das Kreuz nicht erkennen kann und sie nicht Gefahr liefen, dafür denunziert zu werden. Trotzdem erfuhren die örtlichen Beamten ziemlich rasch von den Kalendern.
Am 21. Januar wurden alle Vorstände der Drei-Selbst Kirchen der Stadt Yanji zu einem Treffen vorgeladen. Die Regierungsvertreter tadelten und beleidigten den Pastor und die Führer der Enhui-Kirche und sagten, dass sie durch die Verteilung von christentumbezogenen Kalendern eine konfrontative Position gegen die Regierung einnahmen. Die Beamten verlangten, dass den Gläubigen die 1000 Kalender wieder abgenommen werden, ansonsten würde die Kirche geschlossen werden.
Nach dem Treffen brachte die Polizei den Vorstand der Enhui-Kirche und einen der Prediger zur örtlichen Polizeistation, um „eine Woche lang die Richtlinien der KPCh zu studieren.“ Die örtliche Regierung ordnete an, alle Aktivitäten der Kirche wegen „minderwertigem Zustand der Brandschutzvorrichtungen in der Kirche“ zu stoppen. Um ihre Kirche nicht zu gefährden, händigten die Gläubigen den Polizisten alle Kalender aus, die später dann verbrannt wurden.
Quellen zufolge belegte die Regierung die Kirche auch mit einem saftigen Bußgeld in Höhe von 28.000 RMB (ca. 3640 Euro). Nach der Durchführung einer Reihe von „Reformen“ durfte die Kirche eine Woche später wieder normal arbeiten.
Die traditionelle chinesische Vorgehensweise, bei Feierlichkeiten in und an Häusern Spruchbänder mit Gedichten aufzuhängen, hat sich ebenfalls als Problem erwiesen. Vor dem Frühlingsfest hatte eine Christin in einem Dorf in der Stadt Weihui an der Eingangstür ein Paar christliche Spruchbänder aufgehängt, die jedoch sofort von ihrem Ehemann, einem Dorfbeamten, abgerissen wurden.
„Die Regierung gestattet das Anbringen von Spruchbändern mit christlichem Inhalt nicht“, sagte er zu seiner Frau. „Du bringst uns damit dazu, dass wir auf die schwarze Liste gesetzt werden!“
Er erklärte, dass die Behörden beschlossen hätten, jede Person, die ein christliches Spruchband aufhängt, mit einer Geldbuße in Höhe von 2.000 RMB (ca. 260 Euro) zu bestrafen. „Nach dem Festival wird die Regierung entschieden gegen Haushalte vorgehen, die christliche Spruchbänder haben. Ich habe Angst, da ich als Beamter natürlich wesentlich härter bestraft werde! Wenn man der Kommunistischen Partei nicht gehorcht, werden sie sich jede erdenkliche Methode ausdenken, um einen zu bestrafen. Wer hat da keine Angst vor ihnen?“
Als Ersatz für Spruchbänder mit christlichen Inhalten verteilt die lokale Regierung nun Spruchbänder, die den Bürgern nahe legen, die „Partei zu lieben.“ Der Pfarrer einer Drei-Selbst Kirche der Stadt Gaozhuang im Zuständigkeitsbereich der Stadt Yongcheng gab seiner Besorgnis Ausdruck: „Es verstößt gegen unseren Glauben, zum Frühlingsfest Spruchbänder aufzuhängen, die die Kommunistische Partei verherrlichen. Tun wir dies jedoch nicht, könnte die KPCh dies als Vorwand verwenden, um die Kirche zu schließen. Denn inzwischen reicht schon die kleinste Kleinigkeit, die der KPCh übel aufstößt, und sie wird nach einer Möglichkeit suchen, uns den Riegel vorzuschieben.“
Die Vorstände einiger Drei-Selbst Kirchen in der Stadt Chenji haben von der lokalen Regierung ebenfalls Drohungen erhalten. Man teilte ihnen mit, man würde sie höchstpersönlich zur Verantwortung ziehen, sollte nur ein einziger Gläubiger religiöse Spruchbänder aufhängen. Ihre Kirchen würden dann sofort geschlossen werden. Denn man rechnete damit, dass Beamte der Provinzregierung unangemeldete Kontrollen durchführen würden.
Christen im Bezirk Weishi der Stadt Kaifeng erhielten dieses Jahr Spruchbänder auf denen sie ermahnt wurden, „die Partei zu lieben“, sowie Wandkalender mit dem Porträt von Xi Jinping. Mitarbeiter der Regierung verlangten von den Gläubigen, die Kalender und Spruchbänder hochzuhalten und fotografierten sie damit. Einige Beamte hängten die „liebe die Partei“-Spruchbänder sogar bei den Gläubigen zu Hause auf.
Ein Vertreter der Basisregierung aus dem Bezirk Yiyang sagte: „Christliche Spruchbänder dürfen nicht gezeigt oder aufgehängt werden. Die Kommunistische Partei fürchtet Unruhen und Rebellion, deshalb muss sie sie [Christen] ständig kontrollieren.“
Bericht von Jiang Tao