Wenn das US-Repräsentantenhaus den „Uyghur Human Rights Policy Act“ verabschiedet, wird das die erste derartige Gesetzgebung der Welt sein, die China für seine Verbrechen verurteilt.
von Marco Respinti
China kann die Verbrechen, die es in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang (die die Uiguren lieber Ostturkestan nennen) begeht, nicht länger verheimlichen. Nach monatelangen Anklagen von Aktivisten, NGOs und internationalen Organisationen ist mit der Verabschiedung des Uyghur Human Rights Policy Act (S.178) durch den Senat der Vereinigten Staaten von Amerika ein Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt. Die Entscheidung fiel am 11. September und sie ist eine entscheidende: Sie ist parteiübergreifend, sie wurde einstimmig angenommen, aber vor allem ist sie die erste derartige Gesetzgebung der Welt. Zum ersten Mal überhaupt verurteilt ein Gesetzgebungsorgan einer souveränen Nation den gegen muslimische Uiguren begangenen Missbrauch und ruft zum Handeln auf.
Doch das ist noch nicht alles. Der Gesetzentwurf ist buchstäblich so gehalten, „die groben Menschenrechtsverletzungen gegen ethnische Turk-Muslime in Xinjiang zu verurteilen und ein Ende der willkürlichen Inhaftierung, Folter und Schikane dieser Gemeinschaften innerhalb und außerhalb Chinas zu fordern“.
Das bedeutet, dass das vom US-Senat verabschiedete Gesetz zunächst anerkennt, dass nicht nur Uiguren in China verfolgt werden (bis zu 3 Millionen werden in den berüchtigten „Transformation durch Bildung“-Lagern festgehalten), sondern alle Turk-Minderheiten – Kasachen, Usbeken, Kirgisen, Turkmenen, Tataren und andere (Tausende und Abertausende von Menschen). Zweitens bedeutet das, dass diese Turkvölker als Muslime identifiziert und aus diesem Grund verfolgt werden und drittens heißt das, dass muslimische Turkvölker, die in Xinjiang verfolgt werden, auch außerhalb der Grenzen Chinas verfolgt werden, was eine schwere internationale Verletzung darstellt.
Senator Marco Rubio (R-FL), einer der aktivsten und kompetentesten US-Kongressabgeordneten, wenn es um die Anklage derartiger Missbräuche geht, Co-Vorsitzender der Exekutiv-Kommission des US-Kongresses zu China (CECC), bezeichnet China wegen seiner „[…] weit verbreiteten und schrecklichen Menschenrechtsverletzungen und […] Einschüchterung und Drohungen gegen US-Bürger und rechtmäßige ständige Bewohner des amerikanischem Bodens“ offen als „eine totalitäre […] Regierung“.
Es ist definitiv ein beispielloses Ereignis. Der Gesetzentwurf sieht die Veröffentlichung eines Berichts des Direktors des Nationalen Nachrichtendienstes in Abstimmung mit dem Außenministerium vor, „[….] um die nationalen und regionalen Sicherheitsbedrohungen durch die Niederschlagungen in Xinjiang, die Häufigkeit, mit der zentral- und südostasiatische Regierungen türkisch-muslimische Flüchtlinge und Asylbewerber zwangsweise zurückführen, und den Transfer oder die Entwicklung von Technologien, die von der Regierung der Volksrepublik China eingesetzt werden, um die Masseninternierung und Überwachung von Turk-Muslimen zu erleichtern – einschließlich Technologien im Zusammenhang mit prädiktiver Polizeiarbeit und umfangreicher Datenerhebung und Datenanalyse – zu bewerten“.
Dieser Bericht enthält „eine Einschätzung der Zahl der in politischen ‚Umerziehungslagern‘ festgehaltenen Personen und der Haftbedingungen in den Lagern der Region Xinjiang, einschließlich der Frage, ob die Häftlinge Folter, erzwungenem Glaubensverzicht oder anderer Misshandlung ausgesetzt sind“. Er enthält auch „eine möglichst genaue Beschreibung der geografischen Standorte der Lager und Schätzungen der Zahl der in diesen Einrichtungen festgehaltenen Personen“ sowie „eine möglichst genaue Beschreibung der Methoden, die von den Behörden der Volksrepublik China zur ‚Umerziehung‘ uigurischer Gefangener verwendet werden sowie eine Beschreibung der für die Umerziehung zuständigen Behörden der Volksrepublik China“ und „eine Bewertung der Zahl der Personen, die willkürlich festgehalten werden, einschließlich in Untersuchungshaft und Gefängnissen“.
Darüber hinaus wird der Bericht „[…] einen Anhang mit einer Liste aller chinesischen Unternehmen enthalten, die am Bau oder Betrieb der Lager für ‚politische Erziehung‘ und an der Bereitstellung oder dem Betrieb von Überwachungstechnologien oder -vorgängen in ganz Xinjiang beteiligt sind“. Des Weiteren enthält der Bericht „[…] eine Liste der chinesischen Unternehmen und Industrien, die von Zwangsarbeit in den Lagern und in regionalen Fabriken zu Niedriglöhnen profitieren, da den Arbeitern sonst eine Rückführung in die ‚politischen Umerziehungslager‘ droht“.
Der Gesetzentwurf verurteilt Chinas Bemühungen, Mitarbeiter von Radio Free Asia (RFA) wegen ihrer gewissenhaften und präzisen Berichterstattung über die erschütternde Situation in Xinjiang einzuschüchtern, und bittet zudem den Außenminister, „[….] die Einrichtung einer neuen Stelle im Außenministerium in Erwägung zu ziehen – den Sonderkoordinator der Vereinigten Staaten für Xinjiang –, der die diplomatische, politische, öffentliche Diplomatie, Finanzhilfen, Sanktionen, Terrorismusbekämpfung, Sicherheitsressourcen und Berichtspflichten des Kongresses innerhalb der Regierung der Vereinigten Staaten koordinieren wird, um auf die schweren Verletzungen der allgemein anerkannten Menschenrechte in der Region Xinjiang zu reagieren“.
Schließlich fordert der vom US-Senat am 11. September gebilligte Text die Anwendung des „Global Magnitsky Act“ (Russland und Moldawien Jackson–Vanik Aufhebung und Sergei Magnitsky Gesetz der Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht), der es der US-Regierung seit 2016 ermöglicht, ausländische Beamte zu sanktionieren, die an Menschenrechtsverletzungen überall auf der Welt beteiligt sind, sowie die vollständige Umsetzung des Frank R. Wolf International Religious Freedom Acts von 2016. Benannt nach Frank Wolf (R-VA), verbessert dieses Gesetz zur Religionsfreiheit die Fähigkeit der Vereinigten Staaten, die Religionsfreiheit weltweit durch verstärkte Diplomatie, Ausbildung, Terrorismusbekämpfung und Auslandshilfe zu stärken.
Der Gesetzentwurf wird nun dem Repräsentantenhaus vorgelegt. Wenn er am Ende von beiden Kammern des US-Kongresses verabschiedet wird, markiert das den Anfang vom Ende des Leidens unschuldiger Menschen, die in Xinjiang zu Millionen rechtswidrig festgehalten, schikaniert, missbraucht und gefoltert werden – bis dorthin sicherlich noch ein langer Weg, aber ohne einen ersten Schritt kann man niemals etwas erreichen.