Anfang 2018 nahmen die Behörden von Xinjiang Dilshat Oralbai, seine beiden Schwestern und einen Bruder fest. Aktivisten und Familien kämpfen um ihre Freilassung.
Bitter Winter hat über das Schicksal der ethnischen kasachischen muslimischen Minderheit in Xinjiang berichtet, wo, nach einigen Berechnungen, etwa 10.000 Kasachen in Umerziehung-durch-Bildung Lagern festgehalten werden. Die Hoffnungen der Inhaftierten, dass ihr Schicksal nach außen dringt, wurden jedoch noch weiter zunichte gemacht, als die kasachischen Behörden am 10. März Serikzhan Bilash, den Anführer der kasachischen Nichtregierungsorganisation Atajurt, die die Misshandlungen und Folterungen von Menschen in den Lagern in Xinjiang angeprangert hat, festgenommen und unter Hausarrest gestellt haben. Bilashs Verhaftung erfolgte unmittelbar nachdem er via Atajurt die Verhaftung von Dilshat Oralbai öffentlich gemacht hatte.
Azat Erkin ist ein Aktivist aus Kasachstan, der ethnischen Kasachen bei der Auswanderung aus China auf der Suche nach ihren inhaftierten Verwandten und der Bekanntgabe der Not der Opfer an die Außenwelt hilft. Er berichtete Bitter Winter, dass Dilshat Oralbai aus der Stadt Kuitun in Xinjiang (chinesische Ausweisnummer: G30141360) Anfang 2018 verhaftet und in ein Lager gesteckt wurde.
Laut Erkin wurde Herr Oralbai am 22. Juli 1962 geboren und ist ein renommierter Intellektueller. Seit seinem Abschluss an der Universität im Jahr 1985 hat er für Ili Daily News, die Politische Vereinigung der Präfektur Ili und Kuitun Daily News gearbeitet und war als Journalist, Autor, Übersetzer und Chefredakteur für Literatur sowie anderen Positionen tätig. 23 Jahre lang, bis 2008, übersetzte er 15 literarische Werke, wie etwa Jules Vernes Die Kinder des Kapitän Grants und mehr als 30 Kurzgeschichten sowie drei Fernsehserien. Mehr als zehn seiner Artikel wurden in der Region Xinjiang mehrfach ausgezeichnet.
Nach 2008 zog Oralbai nach Kasachstan, um sein eigenes Unternehmen zu gründen – eine Fabrik, die Fensterrahmen und Türen aus Kunststoff herstellt.
Im August 2016 wurde Chen Quanguo, der ehemalige Sekretär des Parteikomitees der Autonomen Region Tibet, nach Xinjiang versetzt, um dort als oberster Führer der Region zu dienen. Er verschärfte dort die Kontrolle der Regierung über die Region. Sehr viele, im Ausland lebende ethnische uigurische und kasachische Bürger Chinas, darunter auch Studenten, wurden nach Xinjiang zurückgerufen.
Dies war der Beginn von Oralbais Albtraum: Er wurde zusammen mit vielen anderen Kasachen ebenfalls nach Hause beordert. Nach seiner Rückkehr nach China zog die lokale Regierung seinen Pass ein und schränkte sein Reiserecht ein.
Ein Familienmitglied Oralbais, das derzeit in Kasachstan wohnt, bestätigte, dass Oralbai 2018 in einem Umerziehung-durch-Bildung Lager inhaftiert war.
Eine der Schwestern von Oralbai, Baktgul Oralbaikizi, wurde am 10. Mai 1977 geboren (Passnummer 65400119770510142X) und war ehemals als Reporterin für Kuitun Daily News tätig. Oralbais andere Schwester, Bagila Oralbaikizi, wurde 1982 geboren. Sie besaß seit mehr als zehn Jahren einen Friseursalon. Anfang 2018 wurden beide Schwestern festgenommen. Seither hat man nichts mehr von ihnen gehört.
Oralbais Bruder Jurat Oralbai lebt im Bezirk Yining in der Präfektur Ili von Xinjiang. Seit mehr als 30 Jahren hatte er bei der örtlichen Landwirtschaftsbank gearbeitet und ist jetzt im Ruhestand. Der 60-jährige wurde ebenfalls fast ein Jahr lang in einem Umerziehung-durch-Bildung Lager festgehalten, doch aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands vorübergehend nach Hause entlassen.
Herr Erkin sagte, dass Oralbai und seine Geschwister alle unschuldig sind und gegen keinerlei Gesetze verstoßen haben. Sie alle sprechen und schreiben Chinesisch und haben jeweils ihre eigenen Geschäfte. Die chinesische Regierung hat also keinerlei Grund, sie festzuhalten oder ihnen das Recht auf ein Leben in Freiheit zu nehmen.
Er fordert den UN-Menschenrechtsrat sowie nationale Staatsoberhäupter auf, den Oralbais zu helfen, damit sie so schnell wie möglich wieder im Kreise ihrer Familien sein können.
Bericht von Li Pei