In ihren Bemühungen, die Religion auszumerzen, benutzt die Kommunistische Partei Chinas Kirchen und Tempel für nicht-religiöse Veranstaltungen.
Am 15. Februar 2019 wurde die Ruhe des buddhistischen Faguan-Tempels durch eine Theateraufführung unterbrochen. Normalerweise ist der, im Kreis Hukou (Stadt Jiujiang in der südöstlichen Provinz Jiangxi) gelegene, antike Tempel aus der Song-Dynastie (960-1279) ein Ort der Stille.
Die Nutzung von Tempeln und Kirchen als Ort für politische oder kulturelle Veranstaltungen ist eine neue Anti-Religions-Strategie der Regierung, die überall in China angewendet wird. Die Behörden haben “Happy Sunday“-Veranstaltungen eingeführt, bei denen Tänze, Tauziehen und andere Vergnügungen als Alternative zum sonntäglichen Gottesdienst angeboten werden. In anderen Fällen übernehmen sie die Kirchen und wandeln sie in Theater, Spielzimmer und andere Arten von Unterhaltungsstätten um.
Unmittelbar vor dem Frühlingsfest – dem chinesischen Neujahrsfest – beriefen der Vorsitzende der buddhistischen Vereinigung der Stadt Jiujiang und die Leiter des Büros für Religiöse Angelegenheiten des Kreises Hukou ein Treffen für mehr als 100 Äbte der lokalen Tempel ein und verlangten, dass sich jeder Tempel der Initiative “liebe dein Land und liebe deine Religion“ anschließen soll.
Die Tempel müssen nun nicht nur die Nationalflagge vor den religiösen Versammlungsstätten hissen und die neue Verordnung für Religionsangelegenheiten anbringen, sondern auch kulturelle Veranstaltungen organisieren, um die “chinesische Nationalkultur“ sowie die “sozialistischen Grundwerte“ zu verbreiten.
Ein buddhistischer Hauswirtschafter (auch als buddhistischer Laie bezeichnet) erklärte Bitter Winter, dass dem buddhistischen Faguan-Tempel keine andere Wahl geblieben sei, als eine Theatergruppe zu einer Bühnenaufführung einzuladen, um den Forderungen der Regierung zu entsprechen.
“Das ist nationale Politik. Sie gilt überall im Land. Ich habe die Tempel am Fuß des Lushan-Berges besucht. Dort gibt es die unterschiedlichsten Vorführungen, genauso wie hier“, berichtet ein älterer Hauswirtschafter. “Wir Buddhisten sollen in einem Tempel Ruhe und Frieden finden. Heutzutage sind die Tempel nicht einmal mehr wie Tempel – sie sind wie Bauernmärkte. Wie sollen wir Buddhisten dort Ruhe und Frieden finden?
Vor der Bühne stand eine Gruppe Freiwilliger mit roten Westen, auf denen hinten in auffälligen chinesischen Schriftzeichen stand: “Patriotismus muss über den religiösen Glauben gestellt werden, wichtiger als Buddhismus ist Integrität.“
“In unseren Herzen nimmt Buddha auf jeden Fall mehr Platz ein. Aber die Nationalpolitik verlangt von uns ‚die Liebe zu unserem Land vor unseren buddhistischen Glauben‘ zu stellen. Wir können nichts dagegen machen,“ erklärt ein Abt. “Wir müssen die Nationalflagge hissen und Theatervorführungen organisieren. Wenn wir die Anweisungen nicht befolgen, werden wir aus dem Tempel vertrieben.“
Die Initiative, in deren Rahmen kulturelle Vorführungen in religiösen Versammlungsstätten erzwungen werden, wird weiterhin überall in Chinas Zentralprovinz Henan umgesetzt. Die Kampagne wird durchgeführt wie eine politische Mission.
Am 5. Februar 2019 organisierte die Kirche von Huxi in der Gemeinde Houling (Stadt Yongcheng) eine Veranstaltung zur Feier des Frühlingsfestes. Doch gerade als die Vorführung beginnen sollte, stürmten die Leiterinnen der Frauenverbände der Dörfer Huxi und Huzhong zusammen mit zwei jungen Männern in die Kirche von Huxi und sorgten dafür, dass aus der religiösen Veranstaltung eine politisch-kulturelle Veranstaltung wurde.
Die beiden jungen Männer entfalteten ein Spruchband, auf dem stand: “Kulturveranstaltung der Gemeinde Houling zum Frühlingsfest: Kulturvorführung des Dorfes Huzhong“. Die Leiterinnen der Frauenverbände aus den beiden Dörfern, die vor der Bühne standen, filmten diese Szene mit ihren Mobiltelefonen.
“Während des Frühlingsfestes wollten wir den Herrn preisen. Doch durch ihre Einmischung wurde das Ganze stattdessen zu einer “Kulturvorführung“, erklärt ein Gläubiger wütend. “Sie sagten auch, dass sie das Video zu Propagandazwecken ins Internet stellen wollten. Führen sie die Leute denn nicht in die Irre, wenn sie sie glauben machen, dass die Kirche Freizeitaktivitäten anbietet? Ihr Vorgehen ist unverblümte Blasphemie.“
Die Kirche von Huxi in der Gemeinde Houling (Stadt Yongcheng) organisierte eine Veranstaltung zur Feier des Frühlingsfestes:
Bericht von Tang Zhe