China hat die Existenz von “Transformation durch Bildung“-Lagern für Muslime in Xinjiang lange Zeit abgestritten. Jetzt wurde verkündet, dass damit alles in Ordnung sei, da ein neues Gesetz erlassen wurde, welches diese Lager legalisiert.
Massimo Introvigne
Bitter Winter gehörte zu den ersten Medien, die ausführliche Berichte über die “Transformation durch Bildung“-Lager in China veröffentlichten, in denen vermutlich 1,5 Millionen Menschen, darunter hauptsächlich religiöse Dissidenten, inhaftiert sind. Eine Million der Inhaftierten sind Muslime, vornehmlich Uiguren und Kasachen aus Xinjiang. Namen können verwirren und die chinesische Propaganda nutzte diese Verwirrung zum eigenen Vorteil. Nachdem laojiao (劳动教养 or 劳教) (“Umerziehung durch Arbeit“-Lager) 2013 in China abgeschafft wurden, begegnete die Regierung jeder Kritik an den Lagern damit, dass diese auf veralteten Informationen beruhe. Tatsächlich aber waren die laojiao durch jiaoyu zhuanhua (教育转化), (“Transformation durch Bildung“-Lager) ersetzt worden, die sogar noch schlimmer waren. Es handelt sich dabei nämlich nicht um Schulen, sondern um Konzentrationslager, in denen die Opfer, die sich der zwangsweisen “Löschung“ ihres Glaubens widersetzen, gefoltert werden – in manchen Fällen bis zum Tod.
Auch die neuen Lager waren illegal. Es gab für sie innerhalb der chinesischen Gesetzgebung keine eindeutige legale Grundlage. Doch am 10. Oktober 2018 verkündete die Kommunistische Partei Chinas (KPCh), dass dieses Problem gelöst sei, da durch den 13. Ständigen Ausschuss des Volkskongresses des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang eine neue Anti-Extremismus-Regelung erlassen und veröffentlicht worden sei. Diese Regelung legalisiert und standardisiert die Praxis, “Menschen mit extremistischem Gedankengut“ in “Transformation durch Bildung“-Lager zu sperren, wobei die KPCh sich dabei auf Menschen bezieht, die religiös sind und nicht bereit, ihrem Glauben abzuschwören. Die Regelung legalisiert jedoch nur die Lager in Xinjiang, obwohl diese auch außerhalb des “Autonomen Gebiets“ zu finden sind und dort außer Muslimen auch andere religiöse und politische Dissidenten festgehalten werden.
Die KPCh hat angekündigt, dass die neue Regelung auch “vorherige Bestimmungen zum Strafmaß für verschiedene Gesetzesübertretungen und deren Schwere außer Kraft setzt. Bislang wurden Gesetzesübertreter bei eher unerheblichen Vorfällen öffentlich von der Behörde für Öffentliche Sicherheit gerügt. Die neue Regelung erlaubt es den Behörden, Straftäter härter zu bestrafen.“
Das bedeutet, dass nun noch mehr “Extremisten“ – ein Ausdruck nach russischem Vorbild, der auf Angehörige aller Religionen angewandt wird, die nicht von der KPCh genehmigt und kontrolliert sind – in den Lagern festgehalten oder sogar noch “härter“ bestraft werden können.