Im Rahmen der KPCh-Razzien gegen die Religion werden buddhistische und daoistische Tempel zerstört oder dazu gezwungen, eine „Metamorphose“ zu durchlaufen.
Cai Congxin
Bitter Winter hat zahlreiche Berichte aus den Provinzen Hubei und Henan erhalten, nach denen die Razzien gegen buddhistische und daoistische Tempel fortgeführt werden. Solche Berichte erreichen uns fast täglich. Hier sind ein paar Beispiele, die wir mit Bildern und Videos dokumentieren können.
Im Momosheng-Tempel in der Großgemeinde Chahe im Zuständigkeitsbereich der Stadt Honghu in der chinesischen Zentralprovinz Hubei hatten Regierungsbeamte bereits zwei Räuchergefäße zerstören lassen und das Verbrennen von Räucherwerk für immer verboten. Nun fügten sie dem Schaden noch den Spott hinzu und funktionierten den Tempel in eine Spielhalle um: Die Beamten ordneten an, dass zwei Mahjongg-Tische dort aufgestellt werden sollten. Außerdem sollte vor dem Tempel ein Schild mit der Aufschrift „Volkskulturpark“ angebracht werden.
Würde diesen Anweisungen nicht Folge geleistet, würde der Tempel zerstört, hieß es Mitte Januar.
Am 19. April kamen mehr als zehn Angestellte der Vereinigten Arbeitsfront der Stadt Honghu zum Tempel, um eine Inspektion durchzuführen und den Tempelbesitzer anzuweisen, die Bodhisattva-Statuen hinauszuschaffen sowie die religiösen Symbole vor dem Tempel zu entfernen. Außerdem sollten über dem Tempeleingang politische Parolen angebracht werden.
Ortsansässige Gläubige berichteten Bitter Winter, dass der Beamte dem Tempelbesitzer gesagt habe: „Gestalten Sie den Tempel zu einer Freizeitstätte um und lassen Sie die Dorfbewohner dort Mahjongg spielen. Es darf kein Räucherwerk mehr verbrannt und Buddha darf nicht mehr verehrt werden.“
Um eine Zerstörung des Tempels zu verhindern, befolgte der Tempelbesitzer die Anweisungen. Die Umgestaltung des Tempels kostete ihn 6000 RMB (ungefähr 770 EUR). Die buddhistischen Gläubigen waren empört, dass ihre Andachtsstätte in eine Spielhalle umfunktioniert worden war, doch sie wagten es nicht, etwas zu sagen.
Tempel gewaltsam von der Außenwelt abgeschnitten
Im März wurde der Palast des Jade-Kaisers – ein daoistischer Tempel im Kreis Yucheng in der chinesischen Zentralprovinz Henan – von der Regierung auf die Liste der zu zerstörenden Bauwerke gesetzt. Da der Tempel bei den Gläubigen beliebt war, wollten die Dorfbeamten ihn nicht zerstören, weil sie Racheakte befürchteten – stattdessen wiesen sie den Tempelbesitzer dazu an, dies selbst zu tun. Dieser weigerte sich.
Unter dem Druck der übergeordneten Regierungsbehörden verhandelte der Parteisekretär des Dorfes schließlich mit den Gemeindevertretern. Sie kamen überein, den Tempel mit Platten aus verzinktem Eisen abzuschotten und ihn dahinter zu verbergen. Der Bau der Barrikade um den Tempel dauerte fünf Tage lang und kostete ungefähr 90 000 RMB (ungefähr 11 500 EUR).
Für neun Millionen RMB erbauter daoistischer Tempel wird versiegelt
Am 20. April wurde auch der Sanguan-Tempel in der Großgemeinde Chahe im Zuständigkeitsbereich der Stadt Honghu (Hebei) geschlossen. Der Tempel war 2018 für fast neun Millionen RMB (ungefähr 1,1 Millionen EUR) erbaut worden. Das Geld für den Bau stammte vom Tempelbesitzer und den Dorfbewohnern. Nicht einmal ein Jahr nach dem Bau wurde der Tempel von der Regierung versiegelt.
An jenem Tag wiesen Beamte der Vereinigten Arbeitsfront der Stadt den Tempelbesitzer dazu an, die Götterstatuen zu entfernen – ansonsten würde der Tempel zerstört. Die Beamten verboten den Menschen außerdem, Räucherwerk zu verbrennen und verlangten, dass die Acht Trigramme zu beiden Seiten des Eingangs entfernt werden mussten.
Der Tempelbesitzer hatte keine andere Wahl, als den Forderungen Folge zu leisten.
Ein ortsansässiger Gläubiger erzählte Bitter Winter, dass der Tempel seit letzten Oktober fortlaufend schikaniert worden sei. Die Lokalregierung begründete die Anweisung zur Zerstörung des Sanguan-Tempels damit, dass die Straßenstele, die auf ihn hinwies, zu nah am Gelände des Dorfkomitees stünde. Um die Straßenstele zu erhalten (die 100 000 RMB, also ungefähr 13 000 EUR gekostet hatte), musste der Tempelbesitzer den Namen „Sanguan-Tempel“ auf der Stele durch den Namen des Dorfes „Dorf Yongxing“ ersetzen.
Tempel wurde weiß gestrichen und zum Privathaus umfunktioniert
In der Großgemeinde Tingzu im Zuständigkeitsbereich der Stadt Ezhou (Hubei) wurde der buddhistische Heilige Schrein weiß gestrichen und in ein Privathaus umgewandelt.
Mitte April erklärten Regierungsangestellte, der Schrein sei nicht genehmigt, und wiesen den Besitzer des Schreins dazu an, die Räuchergefäße sowie den kleinen Tempel für die Götter der Erde (der zum Volksglauben gehört) vor dem Tempel zu entfernen. Der Besitzer bezahlte über 10 000 RMB (ungefähr 1300 EUR), um diesen Anweisungen nachzukommen, weil er hoffte, so den Schrein erhalten zu können.
Dorfbewohner berichten, dass der Bau des Schreins im Jahr 2011 ursprünglich über eine Million RMB (ungefähr 130 000 EUR) gekostet habe. Der Besitzer des Schreins hatte eine Genehmigung beantragt, die jedoch von der Regierung nicht erteilt wurde.
„Die Regierungsbeamten haben es verlangt, da kann man nichts machen“, erklärte ein Gläubiger hinsichtlich des frisch gestrichenen Schreins. „Muss denn nicht jeder zur Seite treten, wenn er auf einen tollwütigen Hund trifft [der tollwütige Hund ist hier ein Sinnbild für das unrechtmäßige Handeln der Regierungsbeamten und die Tatsache, dass man mit ihnen nicht vernünftig reden kann)? Wenn man sich der Regierung widersetzt, leidet man umso mehr.“