Weil jeglicher Bezug zum Glauben eliminiert werden soll, mussten zahlreiche Geschäfte die Namen auf ihren Ladenschildern ändern – selbst wenn diese keinerlei religiöse Bedeutung hatten.
Li Guang
Im August hat die Staatliche Verwaltung für Industrie und Handel Die Vorschriften zur verbotenen und eingeschränkten Verwendung von Geschäftsnamen veröffentlicht. Darin ist festgelegt, dass Geschäftsnamen keine Namen religiöser Organisationen oder religiöse Bezüge beinhalten dürfen.
Gemäß den Anforderungen in diesen Vorschriften haben Henan, Heilongjiang, Shaanxi und andere Provinzen eine Kampagne gegen Ladenschilder gestartet: Es wurde angeordnet, dass alle Schilder, die christliche, buddhistische oder muslimische Symbole oder Symbole anderer Religionen enthalten, geändert oder entfernt werden müssen. Ein Regierungsinsider berichtete, dass die Behörden planen, bis 2020 alle religiösen Elemente von Schildern zu entfernen.
Im April brachte ein Kreis in der Zentralprovinz Henan ein Dokument heraus, in dem angewiesen wurde, die Namen von Geschäften und privaten Industrie- oder Handelsfirmen zu ändern, die religiöse Worte enthalten wie zum Beispiel Islam, Bibel, Heilige Maria, Immanuel, Bodhisattva, Muhammad, Moslem und so weiter.
Ein lokaler Ladenbesitzer berichtete, dass angewiesen wurde, alle Schilder mit religiöser Bedeutung, zum Beispiel auch religiösen Worten und Ausdrücken, zu ändern. Wer dieser Anweisung nicht nachkommt, erhält eine Geldstrafe und seine Geschäftslizenz wird ihm entzogen.
Mitte April kamen Beamte in ein Geschäft mit dem Namen Méng’ēn Fúshì (蒙恩服飾; Méng’ēn bedeutet „Gottes Gnade empfangen“ und Fúshì bedeutet „Bekleidung“). Die Beamten beschimpften den Ladenbesitzer: „Du hast Gottes Gnade empfangen, aber nicht die von Xi Jinping?“ Der Ladenbesitzer wurde gezwungen, den Namen seines Geschäftes zu ändern.
Ein Stadtviertel im Stadtbezirk Xigong der Stadt Luoyang in Henan hieß ursprünglich Yē-cì Chéng (耶賜城;d.h. wörtlich: „Stadt, die Jesus gewidmet ist“). Da Yē-cì „Jesus gewidmet“ bedeutet, ordneten die Behörden an, dass der Name in Tiānxī Chéng (天錫城) umgeändert werden müsse.
Letzten November kamen Angestellte des Büros für Industrie und Handel der Stadt Luoyang zur Inspektion in einen Laden, der Tiāngāng Shāngdiàn (天罡商店; wörtlich: „Laden des Großen Wagens“) hieß. Sie wiesen die Besitzerin an, den Namen in Tiān-háng Shāngdiàn (天航商店; wörtlich: „Laden des Segelns im Himmel“ bzw. „Laden des Himmlischen Segelns“) umzubenennen, weil tiāngāng auch eine daoistische Bedeutung hat, nämlich „Götter der Sterne des Großen Wagens“. Eine andere Geschäftsfrau, die anonym bleiben möchte, erklärte, dass die Ladenbesitzerin den ursprünglichen Namen des Ladens deshalb gewählt habe, weil ihr Sohn Tiangang heißt.
Im Januar musste die Kindertagesstätte Hóng’ēn Guójì Yòujiào Zhōngxīn (鴻恩國際幼教中心; d.h. wörtlich „Internationales Frühkindliches Bildungszentrum der Großen Gnade“ in der Großgemeinde Longmen im Zuständigkeitsbereich des Stadtbezirks Luolong (Luoyang) ihren Namen in Qǐ-Diǎn Míngxīng Yòu’éryuán (啟點明星幼稚園; d.h. wörtlich „Ausgangsbasis Prominenz-Kindergarten“) umbenennen. Die Behörden fanden, dass der Ausdruck hóng’ēn (鴻恩; d.h. wörtlich „Große Gnade“) mit Gottes Gnade assoziiert werden könnte.
Das gleiche war der Fall beim ebenfalls im Stadtbezirk Luolong gelegenen Kindergarten Yīdiàn Yòu’éryuán (伊甸幼稚園; d.h. wörtlich „Eden-Kindergarten“). Dieser musste sich in Lántiān Yǔ Yòu’éryuán (藍天雨幼稚園; d.h. wörtlich „Kindergarten des Regens aus blauem Himmel“) umbenennen.
In der Stadt Luoyang wurde der Laden Shàngdì Měishíchéng (上帝美食城; d.h. wörtlich „Stadt der göttlichen Gourmetspeisen“) in Shàngdì Měishíchéng (尚帝美食城; d.h. „Stadt der Gourmetspeisen des Kaisers Shang“) umbenannt.
In dem Dokument aus Henan steht auch, dass Arabisch nicht zu den ethnischen Minderheitensprachen Chinas gehört und dass Straßennamen und Schilder keine arabischen Schriftzeichen oder islamischen Elemente enthalten dürfen. Alle Gebäude, öffentlichen Anlagen und Büros der Dorf (oder Gemeinde)-Komitees, die von der Regierung eingerichtet wurden, müssen durch Renovierung, Umgestaltung, neue Farben und neues Aussehen verändert werden.
In der Stadt Jilin im Nordosten der Provinz Jilin gibt es die Beiji Halal-Essmeile. Der Bau der im islamischen Stil gehaltenen Anlage hatte 100 Millionen RMB (ungefähr 13 Millionen EUR) gekostet. Jetzt rissen die Behörden die Anlage gewaltsam ab, und zeigten so, dass sie entschlossen sind, alle religiösen Elemente zu zerstören, koste es, was es wolle.
Mitte Oktober des letzten Jahres kamen Angestellte des Komitees für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten des Stadtbezirks Erqi (Stadt Zhengzhou, Henan) sowie Angestellte des Straßenviertelbüros zu einer Moschee. Dort entdeckten sie ein Fahrzeug mit islamischen Mustern und Symbolen, das für eine Beerdigung vorbereitet wurde. Die Beamten übersprühten die chinesischen Schriftzeichen hánghǎi Qīngzhēnsì (航海清真寺; d.h. wörtlich „die Segelnde Moschee“) und einige islamische Symbole auf dem Fahrzeug.
„Mittlerweile geht es hier zu wie zu Zeiten der Kulturrevolution. Die KPCh lässt kein einziges Schriftzeichen außer Acht, dass irgendwie mit dem religiösen Glauben in Verbindung steht: Sie hasst die Religion und fürchtet, dass die steigende Zahl der Gottgläubigen ihre Herrschaft gefährdet“, erklärte ein christlicher Prediger vor Ort. „Xi Jinping geht gegen alle Religionen vor, weil er will, dass jeder an ihn glaubt. So wie Mao Zedong, der das Volk ‚Lang lebe der Vorsitzende Mao‘ rufen ließ.“