Ein uigurisches Ehepaar, beide haben medizinische Probleme, wurde in Kumul (Xinjiang) festgenommen und nun in “Umerziehung durch Bildung“-Lagern festgehalten. Die drei Kinder des Paares sind nun ohne Eltern. Bitter Winter hat mit einem von ihnen gesprochen.
Am 18. Juni 2018 nahm die Polizei die schwerkranke Muslimin Guli und ihren Ehemann fest, als sie gerade die Nationalflagge auf der Farm hissten. Guli wurde in das Gefangenenlager für Frauen im Distrikt Yizhou geschickt, ihr Ehemann zur Huangtian-Farm.
Vor der Festnahme hatte die Familie ein kleines Unternehmen betrieben, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritt. Guli litt an der Autoimmunkrankheit Lupus und ihr Zustand hatte sich vor der Festnahme stark verschlechtert: Sie musste vier Mal im Jahr zu Untersuchungen. Manchmal kostete eine einzige Behandlung schon Zehntausende Yuan. Auch ihr Mann hat gesundheitliche Probleme: Er leidet an Tuberkulose.
Das Ehepaar hat drei Kinder: Das älteste ist die 19 Jahre alte Tochter Azhuo. Sie hat eine 14 Jahre alte jüngere Schwester und einen fünf Jahre alten Bruder. Seit die Eltern festgenommen wurden, kümmert sich niemand um die Kinder.
Gulis älteste Tochter, Azhou, berichtete: “Bevor meine Mutter festgenommen wurde, rief sie mich zu sich und sagte, dass sie einen Rückfall ihrer Krankheit erlitten hätte und ihre Hände angeschwollen wären. Zu dieser Zeit machte ich gerade die Aufnahmeprüfungen für das College. Wir beschlossen, meine Mutter nach dem Eid al-Fitr (das Fest des Fastenbrechens) zum Arzt zu bringen, aber am dritten Tag des Festes wurden meine Mutter und mein Vater abgeholt.“
Azhou befürchtet, dass die Zustände im Lager die Gesundheit ihrer Mutter noch verschlechtern werden. “Jeden Tag müssen sie dort Militär- und andere Sportübungen absolvieren. Der Gesundheitszustand meiner Mutter ist schlecht und sie kann nicht viel Sport treiben,“ sagt Azhou besorgt. “Ich habe schon bei mehreren Institutionen Anträge eingereicht, in denen ich darum bitte, meiner Mutter zu erlauben, einen Arzt aufzusuchen, aber die Beamten in der autonomen Region haben ’nein‘ gesagt, es gäbe nichts, was sie tun könnten.“
An dieser Stelle begann Azhou zu weinen und erzählte weiter: “Die Krankheit meiner Mutter muss umgehend behandelt werden. Wenn das noch länger hinausgezögert wird, ist sie nicht mehr zu retten. Wenn mein Bruder das erfährt, wird er es nicht ertragen können. Ich weiß nicht, was wir tun sollen, wenn sie nicht zurückkehren. Als meine Mutter und mein Vater festgenommen wurden, war mein kleiner Bruder in der Schule. Wir haben es ihm nicht erzählt. Wir haben einfach gesagt, unsere Mutter wäre zum Arzt gegangen. Seit meine Eltern festgenommen wurden, höre ich meine Schwester manchmal weinen, wenn sie alleine ist. Ohne meine Eltern ist mein Bruder sehr unruhig geworden, er schläft nachts schlecht und schreit oder weint. Meine Schwester und ich schlafen auch schlecht.“
Als wir sie fragen, aus welchem Grund ihre Eltern ihrer Meinung nach verhaftet wurden, antwortet Azhuo: “Mein Vater praktizierte das tägliche namāz (das für Muslime verbindliche religiöse Gebot fünf Mal am Tag zu beten), aber meine Mutter wusste nicht viel über Religion. Vor ihrer Festnahme sagte mir meine Mutter, dass fast alle ihre Brüder und Schwestern und die Freunde, mit denen sie den Koran gelesen hatte, in Lager geschickt worden seien. Meine Eltern haben nichts getan; sie haben nur manchmal gemeinsam (im Koran) gelesen.“
(Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.)
Bericht von Li Zaili