In einem weiten Rundumschlag gegen den religiösen Glauben setzen die Schulen in der Provinz Shandong Lehrer und Schüler unter Druck, Gott abzuschwören – ansonsten drohen ihnen Konsequenzen.
Seit im Februar 2018 die neuen Regelungen für Religionsangelegenheiten in Kraft getreten sind, hat die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) ihr Vorgehen gegen religiöse Aktivitäten auf dem Gelände von Bildungseinrichtungen verstärkt. Vor Weihnachten nahmen die anti-religiösen Aktivitäten dort noch einmal an Fahrt auf. Online-Berichten zufolge haben Universitäten und Grund- und weiterführende Schulen in China ihren Schülern und Studenten verboten, Weihnachtsveranstaltungen zu organisieren oder an solchen teilzunehmen.
Bitter Winter hat bereits darüber berichtet, dass an Schulen in der im Osten Chinas am Gelben Meer gelegenen Provinz Shandong alle möglichen Verbote gegen religiöse Aktivitäten erlassen wurden. Nach neuen Informationen hat die Leitung einer Universität in der zu der Provinz gehörenden Hafenstadt Qingdao im November 2018 einen Online-Test mit dem Titel Fragebogen zum religiösen Bewusstsein für Universitätsstudenten erstellt, um eine Untersuchung über deren religiösen Glauben durchzuführen.
Ein Student dieser Universität wies darauf hin, dass der Fragebogen es der Bildungseinrichtung ermöglicht, den religiösen Glauben der einzelnen Studenten und deren allgemeine Einstellung gegenüber der Religion festzustellen. Der Student zählte fünf der Fragen auf:
1. Glauben Sie an Gott?
2. Haben Sie bereits religiöse Zusammenkünfte besucht? Aus welchem Grund würden Sie eine religiöse Zusammenkunft besuchen?
3. Glauben Sie, dass die Anwesenheit religiöser Studenten – deren Sprache und Verhalten – Ihr Alltagsleben als Student beeinflusst?
4. Sind Sie Anhänger eines religiösen Glaubens? Als Antwort stand zur Auswahl: „Im Moment nicht, aber vielleicht in Zukunft.“ „Ich werde auch in Zukunft keinem religiösen Glauben anhängen.“ „Ja, ich bin Buddhist/Muslim/Christ/etc.“
5. Denken Sie, dass zwischen dem religiösen und dem kommunistischen Glauben ein Konflikt besteht? Als Antwort stand zur Auswahl: „Es gibt in mancher Hinsicht Konflikte.“ „Es gibt keinerlei Konflikte.“ „Sie widersprechen sich grundsätzlich. „Ich weiß nicht.“
Nach Meinung des Studenten stellen diese Fragen nicht nur eine Verletzung der Privatsphäre dar, sondern auch eine implizite Indoktrinierung. So würden zum Beispiel bei Frage 5, die oben aufgeführt wurde, die meisten Universitätsstudenten, die von klein auf atheistisch erzogen wurden, die Antwort wählen: „Sie [der religiöse und der kommunistische Glauben] widersprechen sich grundsätzlich.“
Ein anderer Student, der zuvor in einem religiösen Jugendverband gewesen war, erklärte: „Ich habe nicht gewagt, diesen Fragebogen wahrheitsgemäß auszufüllen. Ich hatte Angst, dass die Universität Nachforschungen über mich anstellen würde. Ich will keine Probleme bekommen.“
Am 24. Oktober 2018 veröffentlichte das Stadtbüro für Bildung und Sport von Pingdu (einer Kreisstadt im Verwaltungsgebiet von Qingdao) ein Dokument mit dem Titel Bekanntmachung zum Verbot religiöser Aktivitäten auf dem Gelände von Bildungseinrichtungen. In der Bekanntmachung werden die Schulen der Stadt angewiesen, Schüler unter Anwendung unterschiedlicher Methoden davon abzuhalten, an religiösen Aktivitäten teilzunehmen.
Der Lehrer einer Mittelschule in der Stadt Pingdu berichtet, dass die Einhaltung der Anweisungen in der Bekanntmachung am Ende des Jahres mit in die Gesamtbeurteilung jeder Schule durch das Büro für Bildung und Sport einfließen wird. Die Art und Weise wie die Schule die Religion verfolgt, wird dauerhaft in den Akten festgehalten. Wenn eine Schule nicht ausreichend forsch, schnell oder effektiv genug vorgeht, wird eine Kritikerklärung verbreitet und der Schulleiter und die verantwortlichen Lehrer werden zur Verantwortung gezogen.
Nach Veröffentlichung der Bekanntmachung begannen die Grund- und weiterführenden Schulen sofort mit deren Umsetzung. Eine lokale Highschool brachte die anti-religiöse Ideologie voran, indem sie „Klassenkonferenzen zum Thema“ abhielt und Schülern verbot, an religiösen Aktivitäten teilzunehmen.
Eltern eines Schülers berichten, dass ein Lehrer während einer Klassenkonferenz zum Thema gesagt habe, die religiösen Aktivitäten würden das Land spalten. Außerdem verbreitete der Lehrer diffamierende Anklagen gegen Religionsgruppen, wie den Islam und Falun Gong, um die Studenten in die Irre zu führen. Jeder Schüler musste einen Fragebogen ausfüllen und ein schriftliches Versprechen abgeben, dass er nicht an religiösen Aktivitäten teilnehmen würde.
Aus diesem Grund sind die Schüler, die einem religiösen Glauben anhängen, nun voller Angst. Ein Elternteil eines Schülers sagte wütend: „Die Vorgehensweise der Schule ist nicht nur ein Verstoß gegen die Menschenrechte der Kinder, sondern übt auch massiven psychologischen Druck auf die Kinder aus. Sie leben in ständiger Angst davor, der Schule verwiesen zu werden.“
Auch religiöse Lehrer litten unter der Kampagne der Schulen gegen den religiösen Glauben. Manche wurden dazu gezwungen, aus der Kommunistischen Partei auszutreten und laufen Gefahr, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Bericht von Piao Junying