Die Drei Selbst-Kirchen haben der chinesischen Regierung gegenüber Zugeständnisse gemacht, doch dies hat lediglich zu noch intensiverer Verfolgung geführt – nicht zu Frieden.
Li Changshan
„Wenn Sie die Regierungsanweisungen nicht befolgen, wird die Kirche versiegelt!“, drohen Regierungsbeamte Christen oft, um diese dazu zu zwingen, alle Regierungsvorschriften zu befolgen.
Doch selbst Abmachungen mit der KPCh haben sich als wenig hilfreich für die Gemeinden der Drei Selbst-Kirchen erwiesen, die versuchten, der Partei gegenüber Zugeständnisse zu machen, um den Frieden zu wahren. Doch das Vorgehen der Regierung gegen die Religion ist einfach zu stark, zu bedrohlich und zu sehr darauf ausgerichtet, jegliche Anzeichen von Glauben auszuradieren.
Um ihre Kirche zu retten, haben manche Mitarbeiter einer Drei Selbst-Kirche wiederholt Zugeständnisse gegenüber der Regierung gemacht. Sie haben Kreuze entfernt, sie haben sich damit einverstanden erklärt, dass die Lehren und Vorschriften der KPCh in die Kirche Einzug halten, und sie haben sogar zugestimmt, Kirchen umzufunktionieren oder zu vermieten, um das Kirchengebäude zu bewahren. Doch die religiöse Verfolgung hat nichtsdestotrotz zugenommen.
Kirche zerstört, obwohl sie „der Partei gehorchte und der Partei folgte“
Am 20. November wurde eine Drei Selbst-Kirche im Dorf Yejia im Zuständigkeitsbereich der Stadt Shangrao in der südöstlichen Provinz Jiangxi dem Erdboden gleich gemacht. In ihren besten Zeiten hatten 400 Menschen Gottesdienste in dieser dreistöckigen Kirche besucht.
Vor der Zerstörung hatten Beamte die Kirche inspiziert und gesagt, die Kirche müsse „der Partei gehorchen und der Partei folgen“, damit sie nicht zerstört würde. Kurz darauf verlangten Regierungsbeamte von den Gläubigen, das Kreuz zu entfernen und brachten vor der Kirche auch noch zwangsweise ein Schild an, auf dem stand: „Verwirklicht den chinesischen Traum in Harmonie, vergesst nicht die Freundlichkeit der Partei, die gezielt Armut lindert.“ Außerdem verlangten sie von dem Kirchenleiter, dass er für die Kosten des Schildes aufkommen, d.h. 3600 RMB (ungefähr 460 EUR) zahlen solle.
„Wenn Sie das Geld bezahlen, ist alles in Ordnung“, erklärte ein Regierungsbeamter.
Der Kirchenleiter schenkte ihm Glauben und machte sich eilends daran, das Geld aufzubringen, um die Kosten für ein Schild zu bezahlen, das die Partei höher pries als Gott.
Dann verlangten die Regierungsbeamten aus heiterem Himmel, dass das dritte Stockwerk der Kirche, das noch nicht vollständig fertiggestellt war, zerstört werden solle. Da er keine andere Wahl hatte, kam der Kirchenleiter dieser Anweisung nach. Doch dies brachte nicht den ersehnten Frieden: Am 19. November forderten Regierungsbeamte, dass das Gebäude vollständig zerstört werden müsse – mit der Begründung, dass die Kirche durch die Eröffnung eines Altenheims, gegen Vorschriften verstoßen habe.
„Hier gab es niemals ein Altenheim. Es wohnen hier nur ab und zu ältere Gläubige, die sich einsam fühlen“, erklärte der Leiter ohne Erfolg.
Ein Regierungsbeamter der Großgemeinde gab schließlich den wahren Grund preis: „Das Gebäude muss zerstört werden. Es hat sogar schon ein Beamter der Provinzebene angerufen. Es werden auch bewaffnete Polizisten und Polizeibeamte der Polizeidienststelle entsandt, um die Kirche zu zerstören. Mittlerweile sind die Kirchen überall im Kreis – und sogar die Kirchen in der Provinzhauptstadt – kaum noch zu retten. Kämpft nicht gegen den Staat.“
Der Druck wird ständig höher: Neue Kirche vollständig geschlossen
Die Kirche von Shangrao ist kein Einzelfall. Im Oktober hat die Regierung eine 1800 Quadratmeter große Drei Selbst-Kirche im Dorf Litun im Zuständigkeitsbereich der Großgemeinde Longmen (Stadt Luoyang, Zentralprovinz Henan) beschlagnahmt. Der Bau der Kirche hatte 5,6 Millionen RMB (ungefähr 720 000 EUR) gekostet. Das Kirchengebäude bot Platz für 2000 Personen. 2017 hatten Leiter verschiedener Regierungsbehörden an den Feierlichkeiten zur Grundsteinlegung der Kirche teilgenommen.
Video: Die neu erbaute Drei Selbst-Kirche im Dorf Litun wurde mittlerweile vermietet.
Alles begann im Juni letzten Jahres: Die Kirche wurde – nur einen Monat nachdem sie in Betrieb genommen worden war – angewiesen, ihre Aktivitäten einzustellen. Zuvor hatte die Regierung wiederholt erklärt, dass sie die Kirche beschlagnahmen und umfunktionieren würde.
Vertreter der Lokalregierung hatten gesagt: „Wir werden die Kirche erst einmal vermieten, sodass die Vertreter der Zentralregierung sich darüber keine Gedanken mehr machen. Vielleicht können wir die Kirche auf diese Art retten.“ Daraufhin hatte der verzweifelte Kirchenleiter beschlossen, die Kirche zu vermieten. Später hatte er ein verlassenes Internet-Café ausfindig gemacht, das er als vorläufiges Kirchengebäude nutzte.
Die neue Kirche hatte zuerst (wie andere Drei Selbst-Kirchen auch) gemäß den Regierungsvorgaben eine Nationalflagge gehisst und alle möglichen politischen Propagandaschilder aufgehängt und die Predigten „sinisiert“. Eine Zeit lang hatte die Lokalregierung nichts unternommen. Doch diese guten Tage waren schnell vorüber gegangen. Am 15. Oktober verlangten Regierungsvertreter, dass die Kirche komplett geräumt werden müsse. Nach nur drei Monaten und sieben Tagen wurde die neu in Betrieb genommene Kirche versiegelt.
„Wir befinden uns inmitten trüber Zeiten und vielleicht wird die Verfolgung sogar noch stärker werden“, sagte ein Drei Selbst-Pastor Bitter Winter. „Selbst wenn wir machen, was die Regierung verlangt, werden wir keinen Augenblick Ruhe haben. Jeder spürt die unmittelbar bevorstehende Gefahr. Der ‚Friede‘, den wir mit Kompromissen erkaufen, ist nur vorübergehend. Letztlich ist es das Ziel der KPCh, jeglichen religiösen Glauben auszulöschen.“
Weitere Kirche zerstört
Am 27. April kamen ungefähr 100 oder mehr Angestellte des Büros für Öffentliche Sicherheit des Kreises Yucheng (Henan) und der Gemeindeverwaltung Wenji zur Tongxintang-Kirche im Dorf Chenlou. Sie kamen mit Polizeiautos, Krankenwägen, Baggern und großen Lastwagen und zerstörten gewaltsam eine weitere Kirche.
Video: Letztendlich wurde die Tongxintang-Kirche im Dorf Chenlou zerstört.
Es heißt, dass die Regierung die Kirche im vergangenen August geschlossen habe. Um die Kirche vor dem Abriss zu bewahren, hatte der Prediger sie zu einer Stecknadelfabrik umfunktioniert und gelegentlich heimliche Gottesdienste dort abgehalten. Doch selbst das Umfunktionieren konnte die Kirche letztendlich nicht vor der Regierung retten.