Die KPCh unternimmt weiterhin erfolgreiche Anstrengungen, um Andachtsstätten in staatlich sanktionierte Aktivzentren umzuwandeln, die allem dienen, nur keinem religiösen Zweck.
Die Geschichte von den massenhaften Kirchenumwandlungen von Andachtsstätten in staatliche Einrichtungen in der chinesischen Zentralprovinz Henan ist nicht neu – nur dass diese weiterhin fast täglich stattfinden und dass dieses Vorgehen nun auch auf andere Provinzen übergreift.
Vor kurzem hat Bitter Winter weitere Berichte über die Umwandlung von Andachtsstätten in Henan erhalten – und zwar sowohl von staatlich genehmigten, wie auch von Hauskirchen. Im August 2018 wurde eine Drei Selbst-Kirche im Dorf Yongtai (Stadt Jiyuan) in eine Wasserversorgungsstation umgewandelt.
Im Oktober wurde die Versammlungsstätte der Kirche von Maoling (die Versammlungsstätte einer Hauskirche) in der Gemeinde Potou (Stadt Jiyuan) geräumt und in eine „Beratungsstelle für Hochzeiten und Beerdigungen“ umgewandelt. Im selben Monat wurde am Eingang der Drei Selbst-Kirche im Dorf Zhangjin (Stadt Jiyuan) ein Schild mit der Aufschrift „Kulturelles Aktivzentrum des Dorfes Zhangjin“ angebracht.
Außerdem wurde im Oktober die Drei Selbst-Kirche im Dorf Huacunpu (Kreis Weishi, Stadt Kaifeng) in eine „Versammlungsstätte für kulturelle Aktivitäten“ umgewandelt und es wurden Mahjongg-Tische darin aufgestellt. Die Drei Selbst-Kirche im Dorf Jianmiao (Stadt Shangqiu) wurde von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) mit der Begründung, dass sie „zu nahe beim Dorfkomitee“ gelegen sei, geräumt und in ein „Dorfzentrum für Freizeitaktivitäten“ umgewandelt.
Und Bitter Winter erhält immer weitere Berichte wie diese, nur dass in letzter Zeit auch besorgniserregende Berichte aus anderen Provinzen dazu kommen, die nun ebenfalls unter der Zwangsübernahme religiöser Stätten leiden.
So wurde am 25. Oktober eine staatlich anerkannte protestantische Kirche in der Stadt Shangrao in der südöstlichen Provinz Jiangxi ebenfalls umgewandelt. Wie bei den meisten umgewandelten Kirchen in Henan entfernten auch hier Regierungsangestellte das Kreuz und das Kirchenschild mit der Aufschrift „Evangeliumskirche“ und funktionierten die Kirche in ein „Aktivzentrum“ um.
Am 1. November kamen Regierungsangestellte der Großgemeinde Heshang (Kreis Chongren, Jiangxi) in der Gerichtsbarkeit der Stadt Fuzhou zu der katholischen Kirche im Dorf Xiabei und erklärten, sie wollten die Kirche vermessen, da diese in ein Freizeitzentrum für Senioren umfunktioniert werden sollte. Doch die Gläubigen widersetzen sich dem Vorhaben. Drei Tage später kamen lokale Regierungsangestellte mit Fahrzeugen voller Ausrüstung für ein Senioren-Freizeitzentrum und wollten die Kirche besetzen, scheiterten jedoch daran, dass sie keine Schlüssel besaßen.
Es heißt, dass der Bau der Kirche von der katholischen Untergrundkirche finanziert und diese im März 2014 zwangsweise geschlossen worden sei. Infolgedessen hätten die in der Nähe wohnenden Gläubigen mehrmals heimlich in der Kirche religiöse Aktivitäten durchgeführt, wobei sie jedoch jedes Mal von der Polizei entdeckt worden seien. Im August 2018 verlangte das lokale Büro für Religiöse Angelegenheiten, dass ein Priester der Katholisch-Patriotischen Vereinigung Chinas diese Kirche übernehmen solle, wogegen sich die Gläubigen jedoch heftig wehrten. Nun befürchten Kirchenmitglieder, dass die Kirche von der Regierung zwangsenteignet wird.
Im September wurde die Versammlungsstätte einer Hauskirche in der Stadt Tongjiang in Chinas nördlichster Provinz Heilongjiang, die mit Hilfe von Spendengeldern der Gläubigen erworben worden war, in ein Aktivzentrum für Senioren umgewandelt. Damit verloren über 300 Gläubige ihre Versammlungsstätte – und das, obwohl der Pastor der Kirche wiederholt eine vorläufige Genehmigung für ein Zentrum für religiöse Aktivitäten beantragt hatte. Die Regierungsangestellten hatten auf die Anträge hin jedoch nie eine Genehmigung erteilt. Im März 2018 kam dann die Staatssicherheitsbrigade zu der Versammlungsstätte und erklärte dem Pastor, dass er gemäß einer Feuerschutzinspektion dort keine Gottesdienste mehr abhalten dürfe.
Der Pastor, der sich – wie Gläubige berichten – immer geweigert hatte, der Drei Selbst-Kirche beizutreten, wurde von den Beamten abgeführt. Nun sind die Gläubigen genaugenommen immer noch die Besitzer der Versammlungsstätte, es ist ihnen jedoch verboten, dort Gottesdienste abzuhalten.
„Die großflächige Kampagne in deren Rahmen Nationalflaggen gehisst, Kreuze entfernt und Kirchen geschlossen wurden, hat ursprünglich in Henan begonnen. Damals befürchteten wir, dass die Behörden Henan nur als ‚Übungsgebiet‘ nutzen wollten, und alle anderen Provinzen später die gleiche schwere Verfolgung erdulden müssten“, erzählte ein Kirchenmitarbeiter. „Mittlerweile wird diese Tendenz immer deutlicher. Nach und nach passiert das Gleiche auch in anderen Provinzen und das Vorgehen wird immer härter. Unsere Befürchtungen haben sich bewahrheitet.“
Bericht von Li Guang