Im Jahresbericht gehört China der längste Abschnitt. Angeprangert wird die Unterdrückung aller Glaubensrichtungen sowie die Folter von Uiguren, Falun Gong-Praktizierenden, Mitgliedern der Kirche des Allmächtigen Gottes und anderen. Die meist zitierte Medienquelle? Bitter Winter.
Massimo Introvigne
Inhaltsverzeichnis: China – das schlechteste Land für Gläubige – Methodik des Berichts: Bitter Winter, eine vertrauenswürdige Quelle – Uiguren und andere Muslime – Christliche Hauskirchen – Katholiken – Xie jiao – Die Kirche des Allmächtigen Gottes – Falun Gong – Tibeter, andere Buddhisten und Daoisten – Flüchtlinge: Südkorea
China – das schlechteste Land für Gläubige
Am 21. Juni haben der US-Außenminister, Mike Pompeo, und der US-Sonderbotschafter für Internationale Religionsfreiheit, Sam Brownback, den 2019 erstellten Jahresbericht zur Internationalen Religionsfreiheit des US-Außenministeriums vorgestellt, der die Bilanz für das Jahr 2018 zieht. Außenminister Pompeo griff China und den Iran als die schlechtesten Länder weltweit für Angehörige von religiösen Minderheiten heraus. Dort würden „religiöse Minderheiten als Bedrohung der nationalen Sicherheit betrachtet, die Überwachung, Internierung und manchmal auch den Tod verdienen.“
Während im Iran Nicht-Muslime misshandelt werden, verfolgt China sämtliche Religionen. Nur die fünf genehmigten Religionen sind laut Bericht „offiziell autorisiert Gottesdienste abzuhalten“ – doch auch das nur mit Einschränkungen. Tatsächlich (so wird es in dem längsten und informationsreichsten Teil des Berichts, nämlich in jenem über China, erklärt) gab es 2018 „immer wieder Berichte über Todesfälle in Haft sowie über Folter, körperliche Misshandlung, Verhaftung, Internierung, Gefängnisstrafen und Schikanen seitens der Regierung – sowohl gegen registrierte als auch gegen nicht-registrierte Religionsgruppen. Grund für diese Übergriffe waren Aktivitäten, die im Zusammenhang mit deren religiösem Glauben und Praktiken standen.“ In China „werden gegen Personen, die an ungenehmigten religiösen Aktivitäten teilnehmen, Kriminal- und Verwaltungsstrafen verhängt.“
Im Dokument wird darauf hingewiesen, dass es 2018 mehrere Berichte gegeben habe, „nach denen die Behörden Personen aufgrund ihres religiösen Glaubens oder ihrer Religionszugehörigkeit im Gefängnis töteten, gewaltsam verschwinden ließen oder ihre Organe ernteten.“ Im Bericht steht, die Beweise für Organernte seien überwältigend und die Versuche der KPCh, diese grauenvolle Praxis zu leugnen, nichts anderes als Propaganda.
Methodik des Berichts: Bitter Winter, eine vertrauenswürdige Quelle
Wie bei Dokumenten des Außenministeriums üblich, wurde für diesen Bericht ein methodischer Ansatz gewählt, bei dem jede Information der Quelle zugeordnet wird, die darüber berichtet hat. Die Aussagen sind nicht affirmativ (z.B. „Die Polizei folterte zwanzig Christen“), sondern attributiv (z.B. „Die New York Times berichtete, dass die Polizei zwanzig Christen gefoltert habe“). Hat man diese Methodik erst einmal verstanden, gestaltet sich die Lektüre des Berichts einfacher. Und selbstverständlich wird in dem Bericht nach eigenen Angaben nur aus Quellen zitiert, die vom Außenministerium überprüft und als zuverlässig befunden wurden.
In dem Bericht werden auch NGOs und deren Webseiten zitiert. In Hinblick auf China ist ChinaAid mit 20 Erwähnungen die am meisten zitierte Quelle.
Es erfüllt uns mit großem Stolz, dass unter den zitierten Medien – Nachrichtenmedien sowie Tages- und Wochenzeitungen – unser Magazin, Bitter Winter, am häufigsten in dem Bericht erwähnt wird, nämlich 15 Mal. Die New York Times liegt mit Abstand, nämlich mit sieben Erwähnungen, auf dem zweiten Platz. Das ist ein herausragendes Ergebnis für das Bitter Winter-Magazin, das erst im Mai 2018 ins Leben gerufen worden ist. Dies ist mit Sicherheit dem Engagement unserer mutigen Reporter in China geschuldet (und ihrer Opferbereitschaft, denn viele von ihnen sind verhaftet worden).
Uiguren und andere Muslime
Ein langer Abschnitt des Berichts befasst sich mit der Verfolgung der Uiguren, der ethnischen Kasachen und anderer Muslime in Xinjiang. In dem Dokument wird auch darauf hingewiesen, dass sich die Repressalien auch auf Hui-Muslime außerhalb Xinjiangs ausdehnen.
In dem Bericht steht, dass „die Regierung nach Schätzungen zahlreicher Medien und NGOs seit April 2017 mindestens 800 000 und möglicherweise bis zu zwei Millionen Uiguren, ethnische Kasachen und Mitglieder anderer muslimischer Gruppen, die meisten davon chinesische Staatsbürger, aufgrund ihrer Religion und ethnischen Zugehörigkeit in speziell dafür errichteten oder dazu umgewandelten Hafteinrichtungen in Xinjiang interniert hat und diese gewaltsamen Verschwinden, Folter, körperlicher Misshandlung und längerer Haft ohne Verfahren unterwirft.“ Die Schätzungen auf zwei Millionen beziehen sich auf das Jahr 2018. Mitte 2019 gehen andere Quellen davon aus, dass mittlerweile eine Zahl von drei Millionen erreicht wurde.
Weiterhin heißt es in dem Dokument: „Es gab Berichte über Todesfälle unter den Internierten. Die Behörden haben, besonders in Xinjiang, extensive und invasive Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen getroffen, zum Teil auch, um Informationen bezüglich der religiösen Zugehörigkeit und der Religionsausübung einzelner Personen zu ermitteln.“ „Die Behörden in Xinjiang bestraften Schulkinder, Studenten und ihre Familien, wenn diese beteten. Sie verboten es der Jugend, an religiösen Aktivitäten teilzunehmen, unter anderem auch am Ramadan. Die Regierung versuchte, uigurische Muslime zwangsweise aus anderen Ländern rückzuführen und nahm manche der Rückgeführten fest.“
Unter anderem wurde in dem Dokument darüber berichtet, dass „über zehn uigurische Frauen in diesem Jahr Selbstmord begangen haben, um dem Druck und den Misshandlungen seitens der Behörden zu entgehen. Es heißt, dass Beamte zu ihnen nach Hause gekommen seien und gesagt hätten, dass die Frauen einen Han-Chinesen heiraten müssten, ansonsten würden ihre Eltern interniert. Um dies zu verhindern, begingen die Frauen Selbstmord.“
Außerdem steht in dem Dokument, dass „NGOs und internationale Medien darüber berichtet haben, dass Muslime aufgrund von ‚verdächtigem Verhalten‘ (wie z.B. dem Besuch von Religionskursen, dem Besitz von Büchern über Religion oder uigurische Kultur, dem Tragen von Kleidern mit islamischen Symbolen oder dem Reisen in bestimmte Länder) verhaftet und interniert worden sind.“ Weiter heißt es, dass die KPCh „Kinder in Waisenhäusern unterbringt, nachdem ihre Eltern in Internierungslager gebracht wurden.“
Selbst außerhalb der Lager ist das Leben in Xinjiang hart. Dort hat „die Regierung Richtlinien veröffentlicht, in denen die Beamten gewarnt werden, nach 75 ‚Hinweisen‘ oder Verhaltensweisen Ausschau zu halten, die auf religiösen Extremismus schließen lassen. Zu diesen Hinweisen gehören das Tragen eines Barts, das Beten in der Öffentlichkeit vor Moscheen und der Verzicht auf das Rauchen oder das Alkoholtrinken.“ In dem Bericht wird auch erwähnt, dass „die Behörden mehr als eine Million kommunistische Beamte aus anderen Landesteilen entsandt haben, um sich bei in Xinjiang lebenden Familien einzuquartieren. […] Diese einquartierten Beamten mussten die Familien auf Anweisung der Behörden hin auch politischer Bildung unterziehen.“ Der Bericht erklärt, dass die gesamte Region allmählich in ein Open-Air-Gefängnis umgewandelt wird.
Christliche Hauskirchen
Weiterhin wird in dem Bericht erklärt, dass sogar die von der KPCh kontrollierte Drei Selbst-Kirche Einschränkungen unterliegt. Im Dokument wird jedoch der Meinung der Rechtswissenschaftler beigepflichtet, dass das Hauptziel der am 01. Februar 2018 in Kraft getretenen Neuen Verordnung für Religionsangelegenheiten darin besteht, unabhängige Hauskirchen zu zerstören und zu zwingen, der Drei Selbst-Kirche beizutreten.
Laut Bericht haben „christliche Kirchenleiter erklärt, dass die Regierung die Überwachung bereits vor Inkrafttreten der neuen Verordnung verschärft hätte, sodass viele Kirchen gezwungen gewesen waren, ihre normalen Aktivitäten einzustellen. Die Behörden haben weiterhin Christen festgenommen und deren Aktivitäten eingeschränkt. Unter anderem mussten christliche Kirchen Überwachungskameras anbringen, um der Polizei eine tägliche Überwachung zu ermöglichen. Außerdem wurden Mitglieder von Hauskirchen und andere Christen dazu gezwungen, Dokumente zu unterschreiben, in denen sie ihrem christlichen Glauben und ihrer Zugehörigkeit zur Kirche abschwören. Über das Jahr hinweg wurde eine noch immer fortlaufende Kirchenschließungskampagne durchgeführt. Die Behörden entfernten Kreuze und andere christliche Symbole von Kirchen. Besonders betroffen in dieser Hinsicht war die Provinz Henan.“
Ebenfalls in dem Bericht erwähnt werden die bekannte Verfolgung der Early Rain Covenant-Kirche in Chengdu und die Zerstörung der Goldene Leuchter-Kirche (die zum Sola Fide-Netzwerk gehörte) in Linfen. Weiter heißt es, dass „mindestens vier Städte und eine Provinz Einschränkungen bezüglich der Weihnachtsfeierlichkeiten angeordnet haben. Unter anderem wurden Weihnachtsdekoration, Werbemaßnahmen in Geschäften, Weihnachtsveranstaltungen sowie öffentliche Weihnachtsaufführungen verboten. Außerdem verstärkten die Behörden in den Tagen vor dem 25. Dezember die Polizeipatrouillen, um illegale Weihnachtsfeierlichkeiten zu verhindern. Die Polizei in Kunming veröffentlichte eine Bekanntmachung, in der sie Weihnachtsdekoration und Weihnachtsveranstaltungen auf belebten Plätzen wie zum Beispiel in Hotels, Karaoke-Bars, Internet-Cafés und Bars verbot. In der Bekanntmachung hieß es: „Es ist verboten, Weihnachtsstrümpfe aufzuhängen, Weihnachtshüte zu tragen, Christbäume aufzustellen und so weiter.“
Katholiken
Wie die Verfasser anderer US-Dokumente sind auch die Verfasser dieses Berichts nicht überzeugt davon, dass das Abkommen zwischen dem Vatikan und China von 2018 wirklich Vorteile gebracht hat. Genannt wird die Kritik seitens des sich im Ruhestand befindlichen Kardinals Joseph Zen aus Hongkong. Im Bericht steht: „Ende des Jahres gab es keine offizielle Erklärung dazu, wie der Vatikan und die Regierung die Entscheidungen bezüglich der Bischofsernennungen treffen.“
Außerdem steht in dem Bericht, dass die Katholiken, welche die KPCh kritisieren, weiterhin verhaftet und ihre Kirchen geschlossen und zerstört werden. Katholiken werden dazu gezwungen, der KPCh-kontrollierten Katholisch-Patriotischen Kirche beizutreten, obwohl der Vatikan darauf besteht, dass dies nicht in dem Abkommen verlangt wird.
Xie jiao
In China gibt es, so steht es weiter im Bericht, „Gesetze, die bestimmte religiöse oder spirituelle Gruppen verbieten. Das Strafgesetz definiert verbotene Gruppen als ‚Sekten-Organisationen‘ und sieht vor, dass Personen, die zu solchen Gruppen gehören, strafrechtlich verfolgt und mit bis zu lebenslänglichen Gefängnisstrafen belegt werden. Es gibt keine veröffentlichten Kriterien, nach denen diese Einstufung erfolgt und auch keine Verfahren, um diese Einstufung anzufechten. In einem Staatssicherheitsgesetz werden explizit ‚Sekten-Organisationen‘ verboten. Die Partei hat einen außergerichtlichen, von der Partei geleiteten Sicherheitsapparat eingerichtet, um die Falun Gong-Bewegung und solche Organisationen auszulöschen. Die Regierung verbietet weiterhin Falun Gong, die religiöse Gruppe Guanyin-Methode (auch Guanyin Famen oder Die Methode der Göttin der Barmherzigkeit genannt) sowie Zhong Gong (eine Form der Qigong-Ausübung).“ Christ zu sein ist kein Schutz vor einer solchen Einstufung. „Die Regierung betrachtet mehrere christliche Gruppen als ‚üble Sekten‘, darunter die Schreier, die Kirche des Allmächtigen Gottes (auch bekannt als Östlicher Blitz), die Jüngervereinigung (Mentu Hui), die Full Scope-Kirche (Quan Fanwei Jiaohui), die Spirit Sect, die Neue Testament-Kirche, die Three Grades of Servants (San Ban Puren), die Association of Disciples, die Herrgott-Sekte, die Established King-Kirche, die Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung (Vereinigungskirche), die Kinder Gottes-Kirche und die Kirche Südchinas.“ In dem Bericht wird xie jiao als „üble Sekten“ übersetzt. Das ist die Übersetzung, welche die KPCh selbst in ihren englischsprachigen Dokumenten verwendet, obwohl die meisten Wissenschaftler „heterodoxe Lehren“ für die treffendere Übersetzung halten.
In dem Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass in China eine machtvolle Anti-Sekten-Propaganda- und Fake News-Maschinerie gegen als xie jiao eingestufte Gruppen in Gang ist. Zum Beispiel „war die Kommission für Politik und Recht des Stadtbezirks Huadu (Guangzhou) am 17. März Gastgeber einer Veranstaltung einer Anti-Sekten-Organisation für Schüler im Dorf Hongshan. Nach der Veranstaltung schworen viele Schüler, sich von jeglichen ‚Sekten‘-Organisationen fernzuhalten und unterschrieben mit ihren Namen auf einer Wand mit Unterschriften gegen Sekten.“ Ähnliches geschah „im April in der Provinz Fujian. Die Kreisregierung von Zhangpu und die Justizbehörde von Zhangzhou gestalteten einen örtlichen, öffentlichen Park nach einem Anti-Sekten-Motto um. Damit wollten sie die Ergebnisse des 19. Parteikongresses und die damit in Verbindung stehenden Anti-Sekten-Gesetze verbreiten und das Bewusstsein für den Einfluss von ‚Sekten‘ schärfen.“
Die Kirche des Allmächtigen Gottes
Hinsichtlich der Religion bilden die Muslime die bei weitem größte Gruppe internierter Gläubiger. Was einzelne Religionsbewegungen anbelangt, so stellt sich in dem Bericht die Kirche des Allmächtigen Gottes als die am stärksten verfolgte Gruppe heraus. In dem Bericht steht: „Nach Angaben der Kirche des Allmächtigen Gottes haben die Behörden im Laufe des Jahres 11 111 Mitglieder dieser Kirche festgenommen.“ Die am zweit stärksten betroffene Gruppe war die Falun Gong mit 9000 Mitgliedern. „Die Kirche des Allmächtigen Gottes berichtete auch“, so das Dokument weiter, „dass die Behörden Hunderte ihrer Mitglieder ‚Folter oder Zwangsindoktrination‘ unterworfen haben.“
Es wird über zahlreiche Einzelfälle berichtet. „Eine Angehörige der Kirche [des Allmächtigen Gottes] starb in Haft, kurz nachdem die Behörden von Guizhou sie ohne spezifische Anklage im März festgenommen hatten. Die Behörden erklärten, dass diese Person, deren Name nicht genannt wurde, Selbstmord durch Erhängen verübt habe, erlaubte ihrer Familie jedoch nicht, ihren Leichnam zu sehen. Es heißt, dass die Beamten ihrer Familie mitgeteilt hätten, dass die Regierung den christlichen Glauben der Frau nicht genehmigt hätte. Als ihre Verwandten die Regierungsversion eines Selbstmords in Frage stellten, drohten die Behörden ihnen mit einem möglichen Verlust der Arbeitsstelle und der Universitätszulassung für ihre Kinder.“
In einem anderen Fall „berichtete die Kirche des Allmächtigen Gottes, dass die KPCh-Polizei im April heimlich ein Mitglied der Kirche festgenommen und 25 Tage lang gefoltert habe. Diese Person wurde dann mit schweren Schädelverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert und starb ein paar Monate später. Die Kirche des Allmächtigen Gottes berichtete auch, dass am 27. Juni zwei Kirchenmitglieder verhaftet und eines davon am 02. Juli in der Städtischen Haftanstalt von Chaoyang ‚zu Tode verfolgt‘ worden sei.“
„Die internationale NGO Association for the Defense of Human Rights and Religious Freedom (ADHRRF), die regelmäßig Berichte über die Lage der Kirche des Allmächtigen Gottes veröffentlicht, berichtete im August, dass die Behörden in Chongqing (Provinz Sichuan) zwischen April und August 109 Kirchenmitglieder interniert haben. Davon wurden am Ende des Jahres 40 vermisst.“
Insgesamt haben „die Behörden nach Angaben der Kirche des Allmächtigen Gottes 525 ihrer Mitglieder im Laufe des Jahres ‚Folter oder Zwangsindoktrination‘ unterzogen. Die Kirche berichtete auch, dass Angehörige Fehlgeburten erlitten haben, nachdem die Polizei sie in den Hafteinrichtungen ‚Folter und Misshandlungen‘ unterzogen hat.“
Falun Gong
Auch wenn Falun Gong in den Untergrund gezwungen wurde, weist der Bericht nachdrücklich darauf hin, dass diese Bewegung immer noch sehr präsent in China ist und weiterhin verfolgt wird. Dazu werden mehrere Beispiele aufgeführt.
Ein Beispiel ist der Fall von Ye Guohua, einem Falun Gong-Praktizierenden, der festgenommen und „in die Haftanstalt von Jianye gebracht worden war, wo er, wie seine Familie annimmt, brutal wegen seiner Falun Gong-Ausübung gefoltert wurde. Am 08. September [2018] erlitt Ye nach Behördenangaben einen plötzlichen Krankheitsanfall und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Die Behörden erlaubten es seiner Familie, ihn kurz zu besuchen, und die Familienmitglieder berichteten, dass Ye im Koma gelegen hatte und sein Körper angeschwollen gewesen war. Er starb drei Tage später. Ein lokaler Falun Gong-Praktizierender rief bei der Haftanstalt an, um herauszufinden, was mit Ye geschehen war. Die Person, mit der er sprach, erklärte: ‚Er ist tot, da lässt sich nichts mehr machen. Wenn Sie mehr herausfinden wollen, handeln Sie sich nur Ärger ein.‘“
Die in dem Dokument erwähnte kanadische Zeitung Globe and Mail „berichtete im September, dass die Behörden eine kanadische Staatsangehörige, die Falun Gong praktiziert, während ihrer 18 Monate andauernden Untersuchungshaft in Peking gefoltert habe. Berichten zufolge haben die Behörden ihr während der Haft zunächst Wasser und Nahrung verweigert und sie später zu Boden gestoßen und mit Pfefferspray besprüht. Beamte hatten sie im Februar 2017 unter dem Vorwurf festgenommen, ‚eine Sekte organisiert oder genutzt zu haben, um die Durchsetzung des Gesetzes zu untergraben.‘ Es heißt, dass ihr Ehemann, von dem sie glaubt, dass er sie den Behörden verraten habe, ihr gesamtes Vermögen und ihre Unternehmensanteile auf sich habe umschreiben lassen.“
Tibeter, andere Buddhisten und Daoisten
In dem Bericht wird auf die Bitter Winter-Berichte über die umfassende Zerstörung buddhistischer und daoistischer Statuen und Tempel verwiesen. Außerdem wird der abstruse KPCh-Anspruch erwähnt, nach dem die Partei die Reinkarnationen der Lamas in Tibet kontrollieren will. In dem Bericht steht, dass „die Verwaltungseinheiten des geographischen Einflussgebiets, das dem Lama zugeschrieben wird, die Anerkennung des Lamas als Reinkarnation verweigern können bzw. dass diese Einheiten die Reinkarnationen anerkennen müssen.“ Der Staatsrat hat das Recht, die Anerkennung von Reinkarnationen hochrangiger Lamas mit ‚besonders großem Einfluss‘ zu verweigern. Außerdem verlangen die Vorschriften auch, dass keine ausländischen Organisationen oder Personen an der Auswahl der reinkarnierten Lamas beteiligt sein dürfen, und dass alle reinkarnierten Lamas innerhalb von China geboren sein müssen. Die Regierung führt ein Register über die offiziell anerkannten Lama-Reinkarnationen.“
Allgemein verschlechtert sich die Lage in Tibet. Die KPCh zwingt „tibetische Mönche und Nonnen dazu, sich politischen Kursen über Staatsideologie zu unterziehen. Die Politik verlangt von den Mönchen und Nonnen, dass sie – zusätzlich zu ihrem religiösen Wissen – auch ‚politische Zuverlässigkeit‘ und ‚moralische Integrität zum Beeindrucken der Öffentlichkeit‘ zeigen sowie die Bereitschaft, ‚in entscheidenden Momenten eine aktive Rolle zu spielen‘“, was im kommunistischen Sprachgebrauch bedeutet, die KPCh zu unterstützen.
In dem Bericht wird betont, dass „seit 2009 über 150 Tibeter sich selbst in Brand gesetzt haben, um gegen das zu protestieren, was sie als Besetzung und Menschenrechtsverletzungen der tibetischen Religion und Kultur unter chinesischer Herrschaft bezeichnen. Medienberichten zufolge setzte sich der 16 Jahre alte Gendun Gyatso im Autonomen Bezirk Ngawa der Tibeter (chinesisch Aba) in der Provinz Sichuan am 08. oder 09. Dezember selbst in Brand und starb an seinen Verletzungen. Die Medien berichteten weiter, dass sich am 08. Dezember ein junger Tibeter namens Drugkho (von dem es heißt, er sei auch unter seinem Mönchsnamen Choekyi Gyatso bekannt) in Ngawa selbst in Brand gesetzt und dabei ‚Lang lebe der Dalai Lama‘ gerufen habe. Berichten zufolge waren sowohl Gendun als auch Drugkho Mönche im Kirti-Kloster. Laut der Webseite Tibet Sun starb am 04. November in Ngawa ein weiterer tibetischer Jugendlicher namens Dopo, nachdem er sich selbst in Brand gesetzt und ‚Lang lebe der Dalai Lama‘ gerufen habe. Weiterhin wird berichtet, dass am 07. März Tsekho Tugchak (auch ‚Topchag‘ geschrieben), ein über 40 Jahre alter Mann gestorben sei. Er habe ‚Lang lebe seine Heiligkeit der Dalai Lama‘ und ‚Freiheit für Tibet‘ gerufen, bevor er sich selbst in der Gemeinde Meruma (Bezirk Ngawa) verbrannt habe. Wo seine Überreste verblieben sind, ist unbekannt. Im Bezirk Ngawa hatten bereits zuvor zahlreiche Selbstverbrennungen von Mönchen des Kirti-Klosters stattgefunden.“
Es gibt zahlreiche „Berichte über gewaltsames Verschwinden, Folter, willkürliche Verhaftung und körperliche Misshandlung von Personen aufgrund von deren religiösen Glauben oder deren Religionsausübung“ in Tibet. In dem Dokument wird ein „Bericht eines tibetischen Mönches über Folter und sexuellen Missbrauch in einem Umerziehungslager im TAR [Autonomes Gebiet Tibet] erwähnt. Der Mönch hatte berichtet: ‚Während der [Militär-]Übungen verloren viele Nonnen ihr Bewusstsein. Manchmal nahmen die Beamten die Nonnen mit nach drinnen und ich konnte sehen, wie sie an den Brüsten der Nonnen herumfummelten und sie am ganzen Körper anfassten.‘ Er berichtete auch, dass manche der Internierten ‚herausgepickt und so heftig mit Elektrostöcken geschlagen wurden, dass sie ihr Bewusstsein verloren. Die Beamten holten diese bewusstlosen Gefangenen wieder ins Bewusstsein zurück, indem sie ihnen Wasser über das Gesicht schütteten. Eine Zeit lang wurden sie immer wieder bewusstlos geschlagen und wieder ins Bewusstsein geholt, bis die Beamten die Gefangenen am Ende am ganzen Körper mit einem schwarzen Plastikschlauch schlugen und mit Wasser begossen, um dann erneut weiter mit Elektrostöcken auf sie einzuschlagen. Bald hatten die Opfer am ganzen Körper blaue Flecken und waren halbtot‘“.
Flüchtlinge: Südkorea
Auch die Absätze über andere Länder in dem Bericht sind zum Teil für China relevant, da dort auf eine sich verschlechternde Situation für Asylsuchende und eine generelle Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen – auch jenen, die vor religiöser Verfolgung fliehen – konstatiert wird. Diese allgemeine Problematik wird im Zusammenhang mit Südkorea genannt. Leider wird dabei nur das Beispiel von Flüchtlingen aus dem Jemen gegeben, obwohl sich dort auch chinesische Flüchtlinge, die Falun Gong oder der Kirche des Allmächtigen Gottes angehören, in einer prekären Lage befinden.
Interessanterweise wird in dem Bericht erwähnt, dass manche Christen des Mainstream-Christentums in Südkorea Mitglieder christlicher Gruppen verfolgen, die sie als „häretisch“ betrachten. Es kommt sogar vor, dass sie diese kidnappen und schlagen. Laut Dokument haben sich „im Januar 120 000 Bürger in Seoul und anderswo versammelt, nachdem Berichte erschienen waren, nach denen Eltern ihre Tochter bei einem Bekehrungsversuch getötet hatten. Die Tochter hatte einer Gruppe angehört, welche die Eltern als Sekte ihrer eigenen christlichen Konfession betrachteten. Die Demonstranten protestierten gegen Zwangsbekehrungen, die – wie es heißt – von manchen christlichen Pastoren durchgeführt werden. Sie kritisierten die Regierung und die Kirchen, die in dieser Angelegenheit nicht die Stimme erheben, und forderten diese zum Handeln auf.“
Es wird zwar in dem Bericht nicht erwähnt, doch die gleichen christlichen „Häretiker-Jäger“ unterstützen aktiv die Verfolgung von Falun Gong und der Kirche des Allmächtigen Gottes durch die KPCh und schikanieren deren nach Südkorea geflüchteten Angehörigen.