Die KPCh führt ihre Razzien und Maßnahmen gegen die “Verbreitung von halal“ in, von Hui-Muslimen bewohnten, Gebieten außerhalb Xinjiangs fort.
Li Wensheng
Während in Xinjiang verstärkt Massenfestnahmen und “Assimilierungsmaßnahmen“ durchgeführt werden, exportiert die KPCh die “Regierungserfahrung“ aus Xinjiang in andere Teile des Landes, in denen Hui-Muslime leben. Insbesondere werden weiterhin verschiedene Kampagnen gegen die “Verallgemeinerung von halal“ durchgeführt und zwar in sämtlichen Provinzen mit Gegenden, in denen muslimische Gemeinden leben. Als “Verallgemeinerung von halal“ bezeichnet die KPCh die Verwendung typischer muslimischer Symbole und die Einhaltung muslimischer Vorschriften in Lebensbereichen, die über die Ernährung hinausgehen. Für gewöhnlich richten sich diese Kampagnen gegen die “Verallgemeinerung von halal“ jedoch am Ende auch gegen halal-Lebensmittel.
Bitter Winter hat ein Dokument mit dem Titel Bekanntmachung über die umfassende Untersuchung und Regulierung von arabischen Symbolen und religiösen Elementen an öffentlichen Plätzen und zum Thema “Verallgemeinerung von halal“ erhalten. Dieses Dokument war Anfang des Jahres von einer Lokalregierung in der Provinz Hebei herausgebracht worden. In der Bekanntmachung steht, dass gemäß den Forderungen der Zentral-, Provinz- und Stadtregierungen arabischsprachige Symbole und religiöse Elemente an öffentlichen Plätzen sowie Praktiken der “halal-Verallgemeinerung“ unter strikte Kontrolle gebracht werden müssen. Außerdem wird in der Bekanntmachung gefordert, dass niemals arabische Symbole oder religiöse Elemente an öffentlichen Plätzen oder in öffentlichen Einrichtungen verwendet werden dürfen. Bereits vorhandene arabischsprachige Symbole und religiöse Elemente müssen durch Zerstörung oder Abänderung “korrigiert“ werden.
Die chinesischen Schriftzeichen für halal und die arabischsprachigen Symbole in halal-Restaurants, in Schulkantinen für muslimische Schüler, auf halal-Lebensmitteln und in muslimischen Haushalten sind im Rahmen der “Korrektur“-Kampagne ebenfalls verboten.
Am 8. Januar dieses Jahres berichtete die Global Times in ihrer englischsprachigen Ausgabe auch, dass die KPCh-Behörden arabische Symbole streng kontrollieren und dagegen vorgehen und deren Verwendung an öffentlichen Plätzen in der Provinz Hebei – auch in Restaurants – verbieten. Mit dieser Maßnahme will die Regierung eine “Pan-Arabisierung“ verhindern.
Ein ortsansässiger Muslim erklärte Bitter Winter eindringlich, dass die arabische Sprache von symbolischer Bedeutung für die Muslime sei und dass dieses Vorgehen der Behörden ganz klar darauf ausgerichtet sei, die ethnische und religiöse Identität aus den Herzen der Hui zu verbannen.
Bitter Winter hat Informationen erhalten, nach denen die Behörden im letzten Jahr in der Provinz Hebei eine umfassende Kampagne zur Entfernung arabischer Symbole gestartet haben. Im Oktober 2018 wurden im Autonomen Kreis Mengcun der Hui-Nationalität im Zuständigkeitsbereich der Stadt Cangzhou in der nördlichen Provinz Hebei massenhaft arabische Symbole entfernt: Sowohl von den meisten Läden entlang der Straßen, als auch von allen Restaurants, Lebensmittelläden und anderen Geschäften.
Auch in Xinjiangs Nachbarprovinz Gansu wird eine Kampagne zur Entfernung von arabischen und halal-Symbolen durchgeführt, die der, in der Provinz Hebei, entspricht.
Nach dem Autonomen Regierungsbezirk Linxia der Hui-Nationalität ist Pingliang die Regierungsbezirksstadt mit der zweitgrößten muslimischen Bevölkerung in der Provinz Gansu. Auch die Volkskultur der Muslime in Pingliang litt unter den schweren Razzien. Im letzten Jahr ordneten die Behörden die Schließung von arabischen Sprachschulen für bedürftige Schüler an. Die Kampagne zur Entfernung des Wortes halal und anderer arabischer Worte dauert noch an.
Der Mitarbeiter eines Restaurants an der Zijincheng-Straße im Pinglianger Stadtbezirk Kongtong erzählte Bitter Winter, dass Anfang November 2018, Beamte der Stadtverwaltung überraschend in das Restaurant “eingefallen“ wären, in dem er arbeitet. “An diesem Tag kamen 10 Angestellte in Uniformen der Stadtverwaltung zu unserem Restaurant. Sie stiegen auf eine Leiter und schnitten rasch das Wort halal aus dem Schild heraus. Dann sagten sie böse: “Sie dürfen hier kein halal-Schild aufhängen!“
Der Angestellte berichtete auch, dass nicht nur in dieser Straße arabische Symbole und andere Symbole mit religiösen Elementen von den Schildern der Restaurants und Bars entfernt worden seien, sondern es auch in anderen Straßen “Säuberungen“ von Schildern gegeben habe.
Ich habe aufs Geratewohl ein paar Ladenbesitzer aufgesucht. Als das Gespräch darauf kam, dass die Stadtverwaltungsbeamten bestimmte Worte von den Schildern entfernt hatten, erklärten manche Ladenbesitzer, dass die Stadtverwaltungsbeamten sie nicht zuvor informiert, sondern stattdessen unmittelbar und brutal das “Gesetz vollstreckt“ hätten.
Ein alter, über 70 Jahre alter Mann sitzt auf einem kleinen Stuhl vor der Fensterfront eines Hui-Restaurants. Er hat einen gut zehn Zentimeter langen Bart und ist in einen großen Baumwollumhang gehüllt. Das Ladenschild über ihm wurde bereits “korrigiert“ und “gesäubert“.
“Diese Stadtverwaltungsbeamten sind wie Kriminelle! Sie kommen immer wieder und suchen nach Fehlern bei uns. Sie lassen uns unser Leben nicht leben. Wenn diese Schikane weitergeht, wird unser Laden sogar schließen müssen“, sagt der alte Mann hilflos.