Im kommunistischen China steht die Welt Kopf: Oben ist unten, falsch ist richtig und Armut kann dadurch bekämpft werden, dass man den Besitz der Armen zerstört.
Es scheint so, als sei im heutigen China alles auf den Kopf gestellt. Das jüngste Beispiel wäre zum Lachen, wenn es für die direkt davon Betroffenen nicht eine solche Tragödie wäre: Um den Anschein zu erwecken, die “Armut werde gelindert“, zerstören die Behörden die Häuser verarmter Senioren.
Die, über 70 Jahre alte, Zhao lebt in einem Dorf im Kreis Huaiyang in der Provinz Henan in Zentralchina. Sie war direkt von der brutalen Armutslinderung betroffen. Als sie mit ihrem Dreirad zu ihrem Haus zurückkehrte, musste sie feststellen, dass es zu einem Trümmerhaufen gemacht wurde.
Zuvor hatten Regierungsangestellte des lokalen Büros für Armutslinderung Zhao angewiesen, ihr Haus zu verlassen und zu ihrem Sohn zu ziehen. Zhao befürchtete, dass sie auf dem Fliesenboden im Haus ihres Sohnes leicht ausrutschen und hinfallen könnte, deswegen war sich nicht zu einem Umzug bereit. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Regierung in ihrer Abwesenheit ihr Haus zerstören würde.
Augenzeugen berichten, dass Regierungsbeamte am Ort der Zerstörung sagten: “Zerstört es schon mal. Sagt ihr einfach, dass sie bei ihrem Sohn leben soll.“
Bitter Winter hat bereits berichtet, dass Häuser verarmter Senioren in dem, vom Staat als “von Armut betroffen“ eingestuften Kreis Huaiyang, versiegelt wurden. Um das Ziel der vollständigen Ausrottung von Armut bis 2019 zu erreichen, setzen Regierungsangestellte verarmte Senioren unter Druck, zu ihren Kindern zu ziehen. Eine solche Neuausrichtung ihres Lebens würde Armut “ausrotten“. Es würde dann nämlich das Einkommen der armen Senioren zu dem ihrer Kinder hinzugezählt und damit würden dann “verarmte Haushalte“ verschwinden. Diese Politik hat sogar einen eigenen Namen: Politik der “Seniorenhaushalte – zusammen essen, zusammen leben und einen Haushalt teilen“.
Liu und seine Frau aus dem Kreis Huaiyang haben ebenfalls von der Armutslinderung “profitiert“, indem sie alles verloren hatten, was sie besaßen. Ihr Haus war zunächst versiegelt und dann abgerissen worden. Sie hatten nicht einmal mehr Zeit, ihre Vorräte aus der Küche zu holen. Eine sehr schnelle Art der Armutsbekämpfung.
Im Dezember 2018 kam es in jedem Dorf im Kreis Huaiyang zu ähnlichen Zwangsabrissen.
Die Bewohner des Dorfes sind wegen des Regierungsvorgehens verzweifelt: “Das Frühlingsfest steht vor der Tür, und dennoch zerstört die Regierung die Häuser von Senioren. Wie sollen sie das Fest feiern? Wenn ihre Kinder und Enkelkinder zu Besuch kommen, haben sie keine Bleibe!“
Ein Grund für diese Abrissarbeiten ist der Wunsch der lokalen Bürokraten, vor ihren Vorgesetzten gut da zu stehen. In Vorbereitung auf die Inspektionen durch die übergeordneten Behörden haben lokale Beamte manche Häuser nur aus dem Grund abgerissen, weil sie alt und schäbig aussahen.
Im Dezember brachten die Beamten einen Bagger in ein Dorf im Kreis Huaiyang, um ein Haus zu zerstören, in dem der 80 Jahre alte Wang alleine lebte.
Ein Regierungsbeamter sagte zu Wang: “Wir müssen Ihr Haus niederreißen. Es steht neben dem Dorfbüro. Ein solch schäbiges Haus stehen zu lassen, bringt Schande über uns. Wenn die übergeordneten Behörden zur Inspektion kommen, kommen sie jedes Mal hier vorbei. Wenn sie sehen, dass Sie in einem solchen Haus leben, werden wir alle unseren Job verlieren.“
Eine andere arme Seniorin, die 64 Jahre alte Xie, hatte keine andere Wahl, als eigenhändig ihr Haus abzureißen. Als die, von der Regierung angeheuerten, Abrissarbeiter zu ihrem Haus kamen, verlangten sie von ihr, bezahlt zu werden. Leider reichte Xies Einkommen aus ihrer Landwirtschaft nicht einmal aus, um ihre eigenen Kosten zu decken. Sie lebt so ärmlich, dass sie kaum Lebensmittel einkauft.
“Ich wollte es selbst zerstören, damit ich ein paar Fliesen behalten kann. Vielleicht kann ich die wieder benutzen, wenn ich später einmal ein Haus baue“, sagte Xie.
Am 13. Dezember verkündete Liu Yongfu, der Leiter des Staatsratsbüros für Armutslinderung bei einem Treffen des Informationsbüros des Staatsrats, dass 300 von Armut betroffene Kreise 2019 “rehabilitiert“ sein werden.
Der Kreis Huaiyang hat stark unter der Armutslinderung gelitten. Dass weitere 300 Kreise nach der perversen Logik der Kommunistischen Partei Chinas rehabilitiert werden kann nichts anderes bedeuten, als dass tausende von Häusern zerstört und Millionenwerte von armen Menschen genommen werden. Natürlich nur zu deren Besten.
(Alle im Artikel verwendeten Namen wurden von der Redaktion geändert)
Bericht von Li Pei