Das Büro für Staatssicherheit in der Stadt Dalian (Liaoning) hat eine Quote für die Festnahme von Gläubigen in den Evaluierungsplan für die Arbeit der lokalen Polizeidienststellen festgelegt.
Bitter Winter sprach mit einem Polizeibeamten aus Dalian in der nordöstlichen Provinz Liaoning, der berichtete, dass die Polizeidienststellen der Stadt nun dahingehend bewertet werden, wie viele Gläubige sie festnehmen.
Im September erhielt die Polizeidienststelle, in der der Beamte arbeitet, einen neuen Quartals-Evaluierungsplan, anhand dessen die Leistung der Beamten bewertet werden soll. Darin werden auch besondere Anforderungen hinsichtlich der Anzahl festgenommener Gläubiger gestellt. Nach Angaben des Beamten wurden diese vom Büro für Staatssicherheit herausgegebenen Pläne an sämtliche Polizeidienststellen der Stadt verteilt.
Die Bewertung erfolgt auf der Grundlage eines 100-Punkte-Evaluierungssystems, bei dem es für jeden festgenommenen Gläubigen, je nach seinem oder ihrem Glauben, eine spezielle Punkteanzahl gibt. Die höchste Punkteanzahl gibt es für besonders stark verfolgte Religionsbewegungen wie Falun Gong oder die Kirche des Allmächtigen Gottes.
Wenn die Polizeidienststelle zum Beispiel einen Durchbruch in einem Fall gegen Falun Gong erzielt, der unter die Gerichtsbarkeit des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit fällt, dann gibt es dafür 20 Punkte. Wird der Fall vom Büro für Öffentliche Sicherheit der Provinz bearbeitet, gibt es weniger Punkte – nämlich nur 10. Die Festnahme eines Regionalleiters der Kirche des Allmächtigen Gottes bringt der Dienststelle 20 Punkte – ein lokaler Kirchenleiter bringt die Hälfte der Punkteanzahl.
Werden die vorgeschriebenen Festnahmequoten für das Quartal nicht erreicht, droht dem Vorgesetzten der Dienststelle die Kündigung. Um die Quoten erfüllen zu können, haben die Polizeidienststellen eine Liste von bereits zuvor festgenommenen Gläubigen an die lokalen Gemeinden verteilt und Personen ausgebildet, die ein Auge auf diese haben und der Polizei melden sollen, wenn sie verdächtige Aktivitäten bei ihnen beobachten.
Der Beamte gab zu, dass er nicht dazu bereit sei, unschuldige Gläubige zu verhaften, dass er jedoch Konsequenzen seitens seiner Vorgesetzten fürchte. Er berichtet, dass, wenn eine Polizeistation die Quote nicht erreicht, die Beamten oft die Namen von festgenommenen Gläubigen anderer Polizeidienststellen, die die Quote übererfüllt haben, „kaufen“. Aktuell kostet dies pro Person 500 RMB (ungefähr 70 USD).
Der Beamte berichtet weiter, dass die Staatssicherheitsbrigade der Stadt zusammen mit der Polizei und den lokalen Gemeinden seit Oktober eine Kampagne durchführt, die bis zum Ende des Jahres laufen soll. Diese ist vor allem auf religiöse Bewegungen ausgerichtet, die auf der xie jiao (heterodoxe Lehren)-Liste stehen. Polizeibeamte wurden angewiesen, jeden Gläubigen, der drei oder mehr religiöse Bücher besitzt, festzunehmen und zum Verhör zur Staatssicherheitsbrigade zu bringen.
Bericht von Piao Junying