Gegen den Ehrenwerten Xuecheng, Abt des Pekinger Longquan-Tempels und Vorsitzenden der Buddhistischen Vereinigung Chinas sowie treuem Anhänger der KPCh, wird wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt. Wird die KPCh Xuecheng schützen oder versucht sie, sich seiner aus politischen Gründe zu entledigen?
Am 31. Juli 2018 wurden die Buddhisten in China von einem der größten Skandale der letzten Jahre erschüttert. Auf WeChat erschien ein “Bericht zu wichtigen Themen”, in dem der Ehrenwerte Xuecheng, Abt des Pekinger Longquan-Tempels, angeklagt wird, über Jahre hinweg buddhistische Nonnen missbraucht zu haben, indem er ihnen versprach, sie würden durch sexuelle Handlungen mit ihm “gereinigt“. In dem Bericht finden sich auch eindeutige Nachrichten, die Xuecheng den Nonnen geschickt haben soll. Der Bericht stammt von zwei ehemaligen Meistern am Longquan-Tempel, Xianjia 贤佳and Xianqi. Außerdem enthält der Text auch eine Aussage von einer der Nonnen.
Der Bericht schockierte die buddhistische Welt. Xuecheng blickt auf eine überraschend schnelle Karriere in der Buddhistischen Vereinigung Chinas zurück, deren Generalsekretär er 2007 und deren Vorsitzender er 2011 im Alter von 45 Jahren wurde. Damit war er der jüngste Mönch, der diese Position je innehatte. Die Buddhistische Vereinigung Chinas ist die Entsprechung der Drei Selbst-Kirche für die Protestanten und der Patriotischen Vereinigung für die Katholiken, das heißt, es handelt sich dabei um eine staatlich kontrollierte Körperschaft der alle buddhistischen Tempel und Institutionen in ganz China zwingend angehören müssen.
Am 1. August wies Xuecheng alle Vorwürfe in einer kurzen Erklärung auf Weibo zurück.
Die chinesischen Behörden unterbanden zunächst jegliche Weiterverbreitung des Berichts sowie die Diskussionen darüber in den sozialen Netzwerken. Nun haben sie verkündet, dass das Staatliche Amt für religiöse Angelegenheiten (SARA) den Fall untersuchen wird. SARA ist immer noch zuständig, auch wenn es aufgrund der Reform der Religionsgesetze 2018 langfristig die Verantwortung für die Überwachung der Religionen der Einheitsfront, in der Praxis also direkt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) übergeben soll.
Xuecheng ist als treuer Anhänger der KPCh auch Mitglied
des Nationalkomitees der politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes 中国人民政治协商会议全国委员会. Es gibt unterschiedliche Interpretationen dazu, dass die KPCh, die seit Jahren Berichte über sexuelles Fehlverhalten Xuechengs ignorierte, nun entschieden hat, dass gegen ihn ermittelt werden soll. Manche denken, die Ermittlungen dienten dazu, Xuecheng zu schützen und seine Kritiker zum Schweigen zu bringen. Andere denken, dass Xuecheng den Reformen von 2018 ablehnend gegenüber steht und die KPCh ihn durch den Skandal um sexuellen Missbrauch zum Schweigen bringen möchte. Tibetische Mönche bemerkten nur lakonisch, dass Xuecheng niemals Fürsprache für die tibetischen Nonnen gehalten habe, die in den gefürchteten “Umerziehung durch Bildung“-Lagern regelmäßig vergewaltigt werden.
Quelle: Reuters, Unmittelbare Berichte aus China