Dr. Cristina Calvani, deren Abschlussarbeit die weltweit erste Dissertation über Flüchtlinge der Kirche des Allmächtigen Gottes ist, hat mit Bitter Winter über deren rechtliche Situation in Italien gesprochen und darüber, warum es schwierig für diese Flüchtlinge ist, Asyl zu erhalten.
Massimo Introvigne
Am 28. Oktober 2018 beendete Dr. Cristina Calvani ihr Studium der Sozialanthropologie an der Universität Perugia (Italien) erfolgreich mit der Defensio ihrer Doktorarbeit über „Chinesische Asylsuchende, die aus religiösen Gründen nach Italien kommen: Die Kirche des Allmächtigen Gottes.“ Calvanis Entsprechung einer Bachelor-Arbeit (ein Abschluss, der es in Italien rechtlich erlaubt, einen Doktortitel zu verwenden) ist weltweit die erste wissenschaftliche Untersuchung der Probleme, denen sich Flüchtlinge der Kirche des Allmächtigen Gottes gegenübersehen. Die Bedeutung ihrer Forschung geht weit über Italien hinaus, da chinesische Flüchtlinge auch in zahlreichen anderen Ländern mit ähnlichen Problemen konfrontiert werden.
Das italienische Asylverfahren beginnt (bzw. begann, da demnächst ein neues Gesetz in Kraft tritt, das Veränderungen zur gegenwärtigen Situation mit sich bringt) mit den so genannten Hotspots und dem SPRAR (Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge). Können Sie erklären, wie dieses System funktioniert und warum es in Kritik geraten ist?
Das Aufnahmeverfahren für Flüchtlinge in Italien besteht aus zwei Phasen. Die erste Aufnahmephase beginnt in dem Moment, in dem der Asylsuchende seinen Fuß auf italienischen Boden gesetzt hat. In dieser Phase wird der Flüchtling in besondere Einrichtungen, die so genannten „Hotspots“ gebracht, die in Europa geschaffen wurden, um die Aufgaben der Staaten mit großem Migrationszustrom zu unterstützen und zu erleichtern. Innerhalb dieser Hotspots werden die Flüchtlinge rasch identifiziert, registriert und einem Gesundheitscheck unterzogen. Ihnen werden Fingerabdrücke abgenommen und sie werden über ihre Rechte und natürlich auch über die Möglichkeit, internationalen Schutz zu beantragen, informiert.
Die zweite Phase des Aufnahmeprozesses wird (oder wurde) SPRAR genannt. Sie besteht aus einer Reihe von Unterstützungsangeboten für Flüchtlinge, wie zum Beispiel in Hinblick auf Nahrung und Unterkunft, Rechtshilfe, sprachliche und kulturelle Vermittlung oder gesellschaftliche und berufliche Orientierung, die ihnen helfen sollen, so schnell wie möglich selbstständig zu werden.
Leider sind diese Hotspot- und SPRAR-Systeme nicht vollständig funktionstüchtig, vor allem weil Personal mit entsprechenden Sprachkenntnissen fehlt, die in diesen Situationen nötig sind. Zum Beispiel sind diese Einrichtungen nicht auf Chinesen vorbereitet, die mit dem Flugzeug nach Italien kommen. Oft fehlen den SPRARs die Gelder und ihre Aufgaben werden von NGOs übernommen, aber manchmal ist die Anzahl der Asylsuchenden so hoch, dass auch die NGOs überfordert sind. Und die Aufgaben der SPRAR werden – wie Sie bereits erwähnt haben – mit dem neuen Gesetz noch weiter eingeschränkt. Nur noch diejenigen, die bereits internationalen Schutz erhalten haben, können die SPRAR-Dienste in Anspruch nehmen. Die anderen werden in gewöhnliche „Empfangszentren“ für Migranten geschickt.
In Ihrer Dissertation schreiben Sie auch über Übersetzungsprobleme, die chinesische Asylsuchende haben. Wie schwerwiegend sind diese?
Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich Gespräche mit Mitarbeitern der NGO „A Buon Diritto“ geführt, die zahlreiche Probleme genannt haben, mit denen sie sich konfrontiert sehen, wenn sie chinesischen Asylsuchenden helfen. Die größten Probleme sind dabei sicherlich die Sprach- und Kommunikationsprobleme. So haben sie mir zum Beispiel von einem Vorfall erzählt, bei dem sie wegen mangelnder Chinesisch-Kenntnisse den Google-Übersetzer verwendet hatten – und wir alle wissen, dass der Google-Übersetzer nicht die vertrauenswürdigste Quelle für Übersetzungen ist. Das Ergebnis war recht lustig, da Google das italienische Wort für „Asyl“ gemäß der Bedeutung „Nervenheilanstalt“, (die es sowohl im Italienischen als auch im Englischen besitzt), übersetzte. Am Ende wurden die Worte eines Flüchtlings der Kirche des Allmächtigen Gottes so übersetzt: Aus „Ich suche aus religiösen Gründen Asyl in Italien“ wurde „Ich suche eine religiöse Nervenheilanstalt in Italien“. Wirklich lustig, aber auch besorgniserregend in Hinblick darauf, wie unglaublich schlecht die italienischen Helfer darauf vorbereitet sind, mit dem neuen Phänomen der Chinesen, die aus religiösen Gründen in Italien Asyl suchen, umzugehen. Ihre Ankunft in unserem Land traf diejenigen, die mit dem Aufnahmeverfahren befasst sind, völlig unvorbereitet, vor allem in Hinblick auf die Sprache.
Sie haben erwähnt, dass die Anzahl der in Italien asylsuchenden Chinesen zunimmt. Wie stark ist dieser Trend?
Dass Chinesen aus religiösen Gründen in Italien Asyl suchen, ist ein junges Phänomen. Doch seit 2015, dem Jahr, in dem dieser Zustrom begann, ist ihre Anzahl merklich gestiegen. Im UNHCR Global Trends-Bericht wird davon ausgegangen, dass die Anzahl der chinesischen Asylsuchenden in den Jahren 2010 bis 2015 allgemein um das Fünffache angestiegen ist. Auch wenn es Probleme bei der Einordnung dieses Phänomens gibt, ist die Anzahl der Chinesen, denen in Italien Asyl gewährt wurde, zwischen 2011 und 2016 gestiegen, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass Italien das Problem erkannt hat. Die jüngsten Statistiken zeigen jedoch eine deutliche Umkehr dieses Trends: Aus ihnen geht hervor, dass in den letzten zwei Jahren 88 % der Asylanträge von den Kommissionen abgelehnt wurden. Das bedeutet, dass nur einer von zehn Asylsuchenden irgendeine Form von Schutz erhielt. Aus diesem Grund nimmt die Anzahl der chinesischen Asylsuchenden ab, vielleicht weil sie durch die häufigen Ablehnungsbescheide entmutigt sind und es daher vorziehen, illegal in Italien zu bleiben, ohne Asyl zu beantragen. Tatsächlich wurden die Chinesen 2017 in den offiziellen Statistiken unter „weitere“ geführt, als seien sie ein Restposten. Diese letzten Zahlen sind sicherlich von Bedeutung: Einige der Rechtsanwälte, mit denen ich gesprochen habe, führten als Hauptgrund für die Ablehnungsbescheide die Unzulänglichkeit der Kommissionen und deren mangelnde Bereitschaft an, sich tiefergehend mit dem Thema zu beschäftigen. Andere sagen, die tatsächliche Ursache seien bestimmte politische Richtlinien, die auf der allgemeinen Vorstellung der Regierung beruhten, dass Italien ohnehin schon zu viele Flüchtlinge beherberge.
Warum ist der Umgang mit chinesischen Asylsuchenden im Vergleich zu Flüchtlingen aus anderen Ländern für die italienischen Behörden schwieriger?
Die Anwälte und NGO-Mitarbeiter haben vor allem deswegen Schwierigkeiten mit Asylsuchenden aus China, weil China bis 2015 – dem Jahr in dem zum ersten Mal ein Zustrom chinesischer Asylsuchender aus religiösen Gründen beobachtet wurde – für die Asylbehörden unbekanntes Terrain war, auch wenn bereits einige wenige Chinesen Schutz erhalten hatten. Tatsächlich kannten sie aus Asien fast nur pakistanische und afghanische Flüchtlinge, deren kultureller, politischer und gesellschaftlicher Hintergrund gut bekannt waren. Die Kirche des Allmächtigen Gottes hingegen war völlig unbekannt. Diese Situation hat sich mittlerweile dank der Forschungen von Wissenschaftlern über China und die Kirche des Allmächtigen Gottes verbessert, aber es gibt noch immer viele Probleme und Missverständnisse.
Welche Rolle spielen die NGOs beim Umgang mit den chinesischen Flüchtlingen, die aus religiösen Gründen Asyl in Italien suchen?
Die NGOs spielen eine grundlegende Rolle in Bezug auf Informationen und Hilfe. Ein Beispiel ist die bereits von mir erwähnte NGO „A Buon Diritto“, eine Vereinigung mit Sitz in Rom, die innerhalb der Stadt mehrere Info-Points eingerichtet hat, zu denen Flüchtlinge und Migranten, darunter auch Asylsuchende aus China, täglich kommen können, wenn sie Hilfe benötigen. Die NGOs übernehmen zahlreiche grundlegende Aufgaben, darunter auch die Weitergabe nützlicher Informationen (wie zum Beispiel welche Schritte man unternehmen muss, um internationalen Schutz zu erhalten), das Angebot kostenloser Rechtshilfe und auch psychologische Hilfe, die für Asylsuchende wichtig sein kann, damit sie ihre traumatischen Erlebnisse aus der Vergangenheit verarbeiten können. Diese letzte Aufgabe ist auch wichtig für Anwälte, denn wenn sie mehr über die vergangenen Leiden der Flüchtlinge wissen, können sie diesen unter Umständen helfen, den Schutz zu erhalten, den sie suchen.
Meinen eigenen Statistiken zufolge haben Ende Oktober 2018 724 Angehörige der Kirche des Allmächtigen Gottes Asyl in Italien gesucht. Das ist die drittgrößte Gruppe nach denen in den USA und Südkorea. Welche Gründe haben Sie bei den Nachforschungen für Ihre Doktorarbeit dafür gefunden, dass diese China verlassen und nach Italien kommen?
Viele Chinesen fliehen aus religiösen Gründen aus China, weil sie in ihrem Land wegen der Ausübung ihrer Religion verfolgt werden und Schutz suchen. Das ist typischerweise auch bei der Kirche des Allmächtigen Gottes der Fall. Dabei handelt es sich um eine neue christliche Religionsbewegung, die auf der xie jiao-Liste der chinesischen Regierung steht. Wie Ihre Leser sicherlich wissen, betrachtet die chinesische Regierung xie jiao als „üble Sekten“, die eine Gefahr für die Gesellschaft und deren Sicherheit darstellen, und die daher in China verboten sind. Zwar wird in China offiziell die Religionsfreiheit anerkannt und garantiert, aber in der Realität müssen die Anhänger des Allmächtigen Gottes Schreckliches durchmachen: Sie berichten von Verfolgung, Festnahmen und Folter.
Um diesen schweren Repressalien zu entkommen und ihre Religion frei ausüben zu können, sind diese Flüchtlinge sogar bereit, ihre Familien zu verlassen. Sie kommen nach Italien, weil es vergleichsweise leicht ist, ein Touristenvisum zu bekommen. Natürlich braucht man einen Pass, um ein Visum zu beantragen. In manchen Fällen wusste die Polizei nichts von ihrer Kirchenmitgliedschaft, sodass sie keine Probleme hatten, einen Pass zu erhalten. In manchen Fällen verwendeten sie Alias-Namen, d.h. sie erhielten den Pass unter einem anderen Namen als dem, unter dem sie festgenommen worden waren. Theoretisch sollte letzteres durch die Fingerabdruck- und Biometrie-Datenbank in China unmöglich sein, doch dieses System funktioniert nicht perfekt. Manchmal gelingt es ihnen auch, illegal an Pässe zu kommen. Es ist bekannt, dass Korruption in China weit verbreitet ist, und es ist nicht wirklich schwierig, jemanden zu finden, der bereit ist, einem gegen Geld einen Pass zu beschaffen.
Können Sie den Unterschied erklären, der in Italien zwischen Asyl und „subsidiärem Schutz“ besteht? Und warum bringen Sie in ihrer Doktorarbeit das Argument, dass Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes zumindest subsidiären Schutz erhalten sollten?
In Italien gibt, bzw. gab, es drei Arten von Schutz: den Flüchtlingsstatus, den subsidiären Schutz und den humanitären Schutz. Letzterer ist eine Restkategorie und wurde durch ein im letzten Monat verabschiedetes Gesetz abgeschafft.
Der erste, der Flüchtlingsstatus, bietet den höchsten Schutz: Er dauert fünf Jahre und gewährt in Hinblick auf Studium, Arbeit und Gesundheitsfürsorge die gleichen Rechte, die auch italienische Staatsbürger genießen. Subsidiärer Schutz wird gewährt, wenn die Kommissionen zu keinem Entschluss darüber kommen, ob Flüchtlingsstatus gewährt werden soll, gleichzeitig aber erkennen, dass der Asylsuchende bei einer Rückkehr in sein Land in einer Situation der Angst leben und Gefahr laufen würde, zu schweren Strafen, darunter auch der Todesstrafe, verurteilt oder gefoltert zu werden. Humanitärer Schutz wurde all denjenigen, auch den chinesischen Angehörigen der Kirche des Allmächtigen Gottes, gewährt, deren Situation als „zeitweise besonders gefährlich“ eingestuft wurde. Diesen humanitären Schutz wird es jetzt jedoch nicht mehr geben.
Die Anwälte, mit denen ich gesprochen habe, haben sehr überzeugend argumentiert, dass die Angehörigen der Kirche des Allmächtigen Gottes zumindest subsidiären Schutz gewährt bekommen sollten, da sie in ständiger, begründeter Furcht vor Bedrohung und Verfolgung leben und oft auch anderen Chinesen misstrauen, weil sie Angst davor haben, dass diese sie der chinesischen Regierung melden. Dieses Angstgefühl entspricht genau den Anforderungen für subsidiären Schutz. Natürlich versuchen die Anwälte zunächst mit der Begründung, dass die Kirche des Allmächtigen Gottes in China verfolgt wird, einen vollen Flüchtlingsstatus zu erwirken.
Jeder Flüchtling, der Asyl beantragt, wird von einer Territorialkommission befragt. Wer sitzt in solchen Kommissionen und wie funktionieren sie?
Das Gespräch mit der Territorialkommission bildet die wichtigste Phase im Asylverfahren, denn diese entscheidet, ob ein Asylsuchender internationalen Schutz erhalten kann.
Vor 2018 bestand die Kommission aus vier Personen: Eine vom Innenministerium, die von deren lokalen Vertreter („Prefetto“) ernannt wurde, eine von der Polizei, eine von der lokalen Verwaltungsbehörde und eine vom UNHCR (der UN-Flüchtlingshilfe). In dieser Zusammenstellung war die Kommission jedoch nicht in der Lage, eine professionelle und übereinstimmende Einschätzung der Fälle vorzunehmen, da die Mitglieder nicht über angemessene Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügten. Tatsächlich verwehrten sie Asylsuchenden oft aus falschen Beweggründen heraus den internationalen Schutz.
Ab Juli 2018 trat ein neues Gesetz in Kraft, das die Zusammenstellung der Kommission änderte: Es gibt immer noch vier Mitglieder, aber zwei von ihnen sind speziell für diese Aufgabe ausgebildet und werden in einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt. Die anderen beiden kommen aus dem UNHCR und dem Innenministerium.
In vielen Gesprächen beanstandeten die Anwälte einhellig, dass die Mitglieder der alten Kommissionen bei den Befragungen die Fälle der Asylsuchenden nicht gründlich genug geprüft hätten. Die Anwälte hoffen, dass die neue Zusammenstellung der Kommissionen dieses Problem lösen wird.
Wen haben Sie über die Fälle von Asylsuchenden der Kirche des Allmächtigen Gottes befragt?
Ich habe mit zahlreichen Menschen gesprochen, die sich tiefgehend mit Fällen von Flüchtlingen der Kirche des Allmächtigen Gottes beschäftigt haben. Unter anderem mit mehreren Anwälten aus Perugia und Rom, einem Richter vom Gericht in Rom und den mit diesen Fällen befassten Mitarbeitern von NGOs. Ich muss zugeben, dass meine Doktorarbeit eine Einschränkung aufweist: Ich habe versucht, mit Angehörigen der Kirche des Allmächtigen Gottes selbst zu sprechen, doch das hat sich als unmöglich erwiesen. Ich würde sagen, dass dieses Problem zu einem der Hauptbestandteile meiner Arbeit wurde. Ich bin überzeugt, dass dieses mangelnde Vertrauen oft durch die Angst vor Verrat verursacht wird, durch die Angst, den chinesischen Behörden gemeldet zu werden. Mein Plan ist es, die Studien über diese Flüchtlinge fortzuführen, und ich hoffe, dass ich in Zukunft noch mit ihnen werde sprechen können.
Nun greife ich noch einmal auf meine eigenen Statistiken zurück, nach denen bis Oktober 2018 in Italien nur 69 von 724 Asylsuchenden der Kirche des Allmächtigen Gottes Flüchtlingsstatus erhalten haben. In Ihrer Doktorarbeit nennen Sie vier Gründe dafür, warum viele Asylanträge von Mitgliedern dieser Kirche abgelehnt werden. Lassen Sie uns diese im Einzelnen vorstellen und erklären Sie die Ablehnungsgründe und Ihre kritischen Kommentare dazu in Ihrer Doktorarbeit genauer…
Die Gespräche mit den Anwälten in Perugia und Rom haben gezeigt, dass die meisten Anträge von Mitgliedern der Kirche des Allmächtigen Gottes auf internationalen Schutz von den Territorialkommissionen aus vier Gründen abgelehnt werden. Manche Kommissionsentscheidungen werden dann von den Gerichten revidiert und es wird doch noch Schutz gewährt. Aber zunächst stellt sich die Frage: Warum lehnen die Kommissionen die Anträge ab?
Zuallererst, weil die Kommissionen behaupten, die persönliche Geschichte der Flüchtlinge sei nicht glaubwürdig. Wie sie zu dieser Behauptung gelangen ist jedoch fragwürdig. Die Kommissionen gründen ihr angebliches Wissen über die Kirche des Allmächtigen Gottes auf das, was sie COI (Country of Origin Information, Informationen über Herkunftsländer) nennen. Viele Kommissionen betrachten nur die COI in der Datenbank Refworld, die vom UNHCR verwaltet wird. Generell ist das eine gute Datenbank, aber leider sind – wie Wissenschaftler gezeigt haben – die Informationen über die Kirche des Allmächtigen Gottes in Refworld überholt und manche COI geben einfach nur die chinesische Propaganda wider.
Zweitens wurde von den Kommissionen oft behauptet, dass die Flüchtlinge der Kirche des Allmächtigen Gottes ihre eigene Religion nicht kennen würden. Hier sehe ich zwei Probleme: Zum einen vergleichen die Kommissionen auch hier wieder die Antworten der Flüchtlinge mit den COI, aber die COI geben oft eine verzerrte Sichtweise der Theologie der Kirche des Allmächtigen Gottes wider. Zum anderen ist der Blick der Kommissionen auf Religionen durch ihre westliche Sichtweise und die Tatsache geprägt, dass in Italien viele nur mit einer Religion, nämlich der römisch-katholischen, vertraut sind. Für manche Kommissionsmitglieder ist es sehr schwer, die Theologie der Kirche zu verstehen, nach der der Allmächtige Gott in unserer Zeit in der Inkarnation einer Frau auf die Erde zurückgekehrt ist.
Der dritte Punkt, der von den Kommissionen beanstandet wird, betrifft die Reisedokumente der chinesischen Asylsuchenden. Manche Kommissionen behaupten, dass es unglaubwürdig sei, dass Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes, die unter ständigen Verfolgungen und Kontrollen durch die chinesische Polizei leiden, sich ohne Schwierigkeiten einen Pass besorgen können. Dieser Vorwurf wurde bereits oben entkräftet.
Viertens denken manche Kommissionen, dass keine besonderen Risiken für die chinesischen Asylsuchenden bestünden, wenn sie nach China zurückkehrten. Dem widersprechen alle Wissenschaftler, die sich mit der Kirche des Allmächtigen Gottes beschäftigt haben. Bei einer Rückkehr nach China würden die Asylsuchenden verhaftet oder Schlimmeres. Wir können nur davon ausgehen, dass der Grund für diese Ablehnungen eine mangelhafte Vorbereitung der Kommissionsmitglieder war, welche ihre Überprüfungsarbeit oft nur oberflächlich durchführen, und sich nicht tiefgehend mit dem Thema beschäftigen.
Was können Anwälte und NGOs unternehmen, um die Chancen für KAG-Flüchtlinge auf Asyl in Italien zu verbessern?
Zunächst wäre es hilfreich, wenn all diejenigen, die am Prozess des Asylverfahrens beteiligt sind, sich mit der wissenschaftlichen Literatur über die Kirche des Allmächtigen Gottes vertraut machen würden. Tatsächlich geschieht dies bereits. Es ist zwar richtig, dass in Italien bislang lediglich 9,5 % der Asylgesuche von Mitgliedern der Kirche gewährt wurden, doch die meisten positiven Entscheidungen wurden vor kurzem getroffen, nachdem die Anwälte damit begonnen hatten, die aktuellste wissenschaftliche Literatur für ihre Fälle heranzuziehen.
In meinen Gesprächen hat sich auch herausgestellt, dass diese Asylsuchenden gleich bei ihrer Ankunft in Italien Hilfe von einem geschulten Ärzteteam brauchen, das in der Lage ist Verletzungen und Zeichen von Folter zu erkennen. Außerdem benötigen sie psychologische Hilfe, um die Traumata festzustellen, die sie durch die Verfolgung und ihre Flucht aus China davongetragen haben – und sie brauchen Anthropologen, die genug Erfahrung haben, um die großen kulturellen Unterschiede zwischen China und Italien zu überbrücken. Wäre dies gewährleistet, wären Anwälte und NGOs gemeinsam dazu in der Lage, das Bewusstsein der Asylsuchenden für ihre eigene Geschichte zu schärfen, was ein sehr wichtiger Aspekt ist, wenn es darum geht, internationalen Schutz gewährt zu bekommen.