Die KPCh kämpft mit harten und weichen Bandagen: Die Methoden reichen von Indoktrinationsveranstaltungen, bei denen die Partei lobgepriesen wird, bis hin zur Entfernung von Kreuzen. Ziel ist es, die Religionen auszulöschen.
Wang Yong
Poyang ist der bevölkerungsreichste Kreis in der Provinz Jiangxi im Südosten Chinas mit der größten christlichen Bevölkerung. Die lokalen Behörden setzen in Endlosschleife Methoden ein, um gegen den religiösen Glauben in dieser Gegend vorzugehen.
Im März organisierte die Kreisregierung von Poyang eine Kulturveranstaltungstour unter dem Motto „Verehre die Wissenschaft und schreite dankbar voran“. Dabei ging es darum, die Kommunistische Partei und den Atheismus zu propagieren. Ein Regierungsbeamter erklärte: „Diese Veranstaltungstour soll dazu dienen, in den religiösen Menschen ein Gefühl der Dankbarkeit und des Patriotismus zu wecken. Die breite Masse soll die Wissenschaft verehren, an die Kommunistische Partei glauben und sich von Aberglauben und Religion fernhalten.“
Video: Szenen der Kulturveranstaltungstour im Kreis Poyang.
Shows sollen mit Gott konkurrieren
Am 26. April ließ das Straßenviertelbüro von Raozhou im Kreis Poyang eine Bühne für eine Live-Aufführung vor der Yongsheng (wörtlich: Ewiges Leben)-Drei Selbst-Kirche aufbauen. Die Gemeinde konnte in der Kirche wegen der lauten Musik und der Geräusche, die hinein drangen, keinen Gottesdienst abhalten. Als die Gläubigen die Regierungsangestellten baten, die Bühne weiter entfernt aufzustellen, wurde dies abgelehnt. Einer der Beamten sagte offen, dass die Bühne absichtlich vor der Kirche aufgebaut worden sei, um die Menschen daran zu hindern, den Gottesdienst abzuhalten.
Eine Schauspielerin, die an der Aufführung beteiligt war, erklärte, dass die Shows darauf ausgerichtet seien, die Menschen dazu zu bringen, „sich der Partei gegenüber dankbar zu zeigen, der Partei zu gehorchen und der Partei zu folgen“. „Immer mehr Menschen glauben mittlerweile an Jesus. Wir beeilen uns extra, um jeden Tag zwei Aufführungen halten zu können“, berichtete sie.
Die Strategie der KPCh besteht darin, Freizeitaktivitäten anzubieten, um „mit Gott um die Menschen zu konkurrieren“. Diese Strategie wird umfassend verbreitet, vor allem in Chinas Zentralprovinz Henan, in der die meisten Christen des Landes leben. Viele Gemeinden ersetzen die normalen Unterhaltungsveranstaltungen für ihre Bürger durch Propagandaprogramme, in denen einstimmig das Lob auf die Partei gesungen wird. So gab die Verwaltung der Stadt Luoyang im Oktober ein Dokument an alle ihre untergeordneten Behörden heraus, in dem angeordnet wurde, atheistische Propaganda energisch zu unterstützen und gezielt Veranstaltungen an religiösen Feiertagen und Sonntagen zu organisieren, um eine „gute Konkurrenzshow“ auf die Beine zu stellen und den Einfluss der Religion zu vermindern.
Je jünger die Adressaten, desto effektiver die Verbreitung des Atheismus
An einer der Shows vor der Yongsheng-Kirche war auch ein Gruppe Kinder mit roten Halstüchern und Uniformen der Roten Armee beteiligt. Sie sangen Lieder und tanzten zu Ehren der Kommunistischen Partei. Am nächsten Tag wurde diese Show in einer Schule vor Ort aufgeführt. Ein Gemeindebeamter, der die Veranstaltung organisiert hatte, erklärte, dass die Entscheidung für die Aufführung an einer Schule damit begründet worden sei, dass man die ideologische Erziehung der Schüler stärken wolle. Sie sollten von klein auf lernen, an die Wissenschaft zu glauben und sich von der Religion fernzuhalten.
Bereits Schüler mit atheistischer Ideologie zu „impfen“ ist ein wichtiges Werkzeug der KPCh, damit Kinder nicht von Religion „angesteckt“ werden können. Seit letztem Jahr hat die KPCh Kampagnen gestartet, um landesweit Widerstand gegen den religiösen Glauben in Lehreinrichtungen zu leisten. Im Rahmen dieser Kampagnen zwingen sie die Schüler und Studenten dazu, eidesstattliche Erklärungen zu unterzeichnen, in denen sie sich verpflichten, der Religion fernzubleiben. Außerdem ändert die KPCh die Texte literarischer Klassiker in Schulbüchern, indem sie religiöse Ausdrücke entfernt und bringt die Kinder dazu, religiöse Familienmitglieder zu melden.
Lei Zhifeng, ein unabhängiger Berichterstatter, der lange Zeit als Anwalt gearbeitet hat, kritisierte das chinesische Bildungssystem: „Der Bildungsapparat in diesem Land tut so etwas rund um die Uhr. So zerstört er die Seelen der Kinder, die in China geboren wurden und aufwachsen. All diese Kinder haben im Grunde genommen bereits lange vor dem Erwachsenwerden ihre Fähigkeit verloren, selbstständig zu denken, und sind darauf konditioniert, religiösen Glauben reflexartig abzulehnen.
Kreuze und religiöse Symbole von Kirchen entfernt
Während das Volk mit Hilfe von Propagandaveranstaltungen indoktriniert wurde, haben die Kreisbeamten ihre großflächige Kampagne weitergeführt, in deren Rahmen sie Kreuze entfernten und religiöse Versammlungsstätten schlossen. Allein im März wurden Kreuze von mehr als zehn Drei Selbst-Kirchen im Kreis entfernt und durch chinesische Nationalflaggen ersetzt. Begründet wurde dies damit, dass sie zu nahe an einer Straße oder Schule gelegen hätten.
Der Verantwortliche einer Drei Selbst-Kirche, der anonym bleiben möchte, berichtete, dass nach dem Besuch eines Inspektionsteams der Provinz in Poyang am 14. Januar alle Kreuze und andere Glaubenssymbole von den Kirchen entfernt worden seien. Sogar religiöse Worte an den Außenwänden seien übermalt oder entfernt worden. Jede Woche entsenden Dorfbeamte Personen zur Inspektion in die Kirchen, damit diese Fotos machen und an ihre Vorgesetzten weiterleiten.
Video: Das Kreuz einer Drei Selbst-Kirche im Dorf Lei wurde entfernt.