Drei christliche koreanische Medienunternehmen, CBS, CTS und Kukmin Ilbo, haben über die falschen Demonstrationen gegen die Kirche des Allmächtigen Gottes in Korea berichtet. In ihrer Rage, gegen die “Sekten“ vorzugehen, mit deren Theologie sie nicht übereinstimmen, stellten sie sich auf die Seite der Verfolger und der Kommunistischen Partei Chinas und gegen harmlose Flüchtlinge. Hier veröffentlichen wir den Brief, den unser Chefredakteur an die Medien geschrieben hat:
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
ich bin Geschäftsführer von CESNUR, dem Zentrum für Studien über Neue Religionen, dem größten Netzwerk von Wissenschaftlern, die sich weltweit mit neuen religiösen Bewegungen beschäftigen. Außerdem bin ich Chefredakteur des täglich erscheinenden Magazins Bitter Winter, welches über religiöse Verfolgung und Menschenrechte in China schreibt. Selbst die chinesischen Behörden erkennen mich als Experten für neue religiöse Bewegungen in China an, und haben mich wiederholt nach China eingeladen, um Vorlesungen über neue religiöse Gruppen in China, unter anderem auch über die Kirche des Allmächtigen Gottes zu halten(siehe https://kknews.cc/society/rrr2m8o.html ).
Ich habe Ihre Berichterstattung über die Demonstrationen gegen die, nach Südkorea geflüchteten, Anhänger der Kirche des Allmächtigen Gottes (KAG) gelesen und bin besorgt, über die fehlerhaften Informationen, die Sie Ihren Lesern gegeben haben:
1. Besteht kein Zweifel darüber, dass die KAG in China starker Verfolgung ausgesetzt ist. Von mehreren NGOs wurden Hunderttausende Fälle von Festnahmen und zahlreiche Fälle von Folter und außergerichtlichen Tötungen dokumentiert. Wenn KAG-Mitglieder nach China zurückgingen, würden sie dort verhaftet. Die wichtigsten Anmerkungen dazu finden Sie im Artikel von Professor PierLuigi Zoccatelli. https://cesnur.net/wp-content/uploads/2018/02/tjoc_2_1_1_zoccatelli.pdf
2. Die Verfolgung beruht auf dem ideologischen Widerstand der Kommunistischen Partei Chinas gegenüber unabhängigen Religionen im Allgemeinen und der Theologie der KAG im Besonderen sowie auf der Angst der Partei vor dem schnellen Wachstum der KAG. Die chinesischen Behörden klagen die Kirche schwerer Verbrechen an, um ihre Verfolgung zu rechtfertigen.
Tatsächlich begann die Verfolgung 1995 oder früher und nicht erst nach dem McDonalds-Mord im Jahr 2014. Internationale Wissenschaftler haben die Dokumente über den McDonalds-Mord geprüft und festgestellt, dass dieser von einer anderen Gruppe als der KAG verübt wurde (siehe https://cesnur.net/wp-content/uploads/2017/09/tjoc_1_1_6_introvigne_ter.pdf und https://wrldrels.org/2017/10/16/lu-yingchun-zhang-fan-group/). Auch andere Vorwürfe gegenüber der KAG wurden als Teil einer massiven, von der chinesischen Regierung inszenierten, Fake News-Kampagne entlarvt (siehe https://cesnur.net/wp-content/uploads/2017/12/tjoc_1_2_5_folk.pdf und https://cesnur.net/wp-content/uploads/2018/08/tjoc_2_4_2_introvigne.pdf).
3. In einer von mir im Interdisciplinary Journal of Research on Religion der Baylor-Universität veröffentlichten, detaillierten Studie wird auch gezeigt, dass die KAG keineswegs “gegen die Familie“ ist (siehe http://www.religjournal.com/articles/article_view.php?id=135). Die Studie belegt, dass die KAG sich nicht gegen die Familie wendet. KAG-Mitglieder, die nach Korea geflohen sind, sind vor der Verfolgung durch die KPCh geflohen und nicht vor ihren Familien.
4. Die Demonstrationen in Korea waren nicht “spontan“, sondern von der KPCh geplant. Das Geheimdokument mit dem Plan wurde von Bitter Winter bereits im Vorfeld veröffentlicht (siehe https://bitterwinter.org/campaign-against-cag-extends-to-south-korea/). Würden die KAG-Flüchtlinge nach China ausgewiesen werden, würden sie nicht “zu ihren Familien“, sondern ins Gefängnis und in Umerziehungslager gebracht werden.
5. Nach internationalem Recht besteht kein Zweifel daran, dass KAG-Flüchtlingen in Korea Asyl gewährt werden sollte (siehe Artikel von Rosita Šorytė, einer Diplomatin und früheren Vorsitzenden der EU-Arbeitsgruppe für Humanitäre Hilfe https://cesnur.net/wp-content/uploads/2018/02/tjoc_2_1_5_soryte.pdf).
Ich beschäftige mich seit über dreißig Jahren wissenschaftlich mit christlicher Literatur gegen “Sekten“. Ich verstehe, dass manche Christen in Korea die KAG-Theologie stark ablehnen. Das gehört zur normalen Dynamik des religiösen Pluralismus.
Ich persönlich bin als römisch-katholischer Aktivist bekannt, wie Ihnen ein kurzer Blick in Google oder Wikipedia leicht bestätigen wird. Professor Zoccatelli lehrt an der Päpstlichen Universität der Salesianer, die Teil des akademischen Systems des Vatikans ist. Bei der Baylor-Universität, die meine Studie über die KAG und die Familie veröffentlicht hat, handelt es sich um eine protestantisch-baptistische Universität. Rosita Šorytė ist römisch-katholisch. Bitter Winter ist in Besitz und wird geleitet von CESNUR, dem Zentrum für Studien über Neue Religionen, mit Hauptsitz in Turin (Italien). Im Vorstand sitzen führende, international anerkannte katholische und protestantische Wissenschaftler.
Vielleicht fragen Sie sich, warum Katholiken und Protestanten die KAG-Flüchtlinge verteidigen, da unsere Theologie sich offensichtlich von der der KAG unterscheidet. Die Antwort ist einfach: Wir verteidigen kein Theologie, sondern wir verteidigen Menschen gegen Ungerechtigkeit, Gewalt, Verfolgung und Folter.
Damit sind wir nicht allein. Auch wenn sich ihre Theologie offensichtlich von der Theologie der KAG unterscheidet, hat sich die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) für die Menschenrechte der KAG-Flüchtlinge in Deutschland eingesetzt, die – wenn sie nach China rückgeführt werden – “verschwinden“ oder festgenommen werden (siehe https://www.evangelisch.de/inhalte/151945/04-09-2018/mitglieder-von-verbotener-chinesischer-sekte-von-abschiebung-bedroht?kamp=b-012).
Wir fanden die Haltung der EKD wahrlich christlich und wahrlich menschlich. Selbstverständlich fordern wir Sie nicht dazu auf, der Theologie der KAG beizupflichten. Wir fordern Sie dazu auf, nicht willkürlich bei der Verfolgung und den Fake News-Kampagnen der KPCh mitzuwirken und zwischen theologischer Kontroverse und Menschenrechtsfragen zu unterscheiden.
Hochachtungsvoll,
Professor Massimo Introvigne
Geschäftsführer von CESNUR