In China, wo die Regierung weiterhin Verteidigungsmaßnahmen zur “Aufrechterhaltung der Stabilität“ trifft, wird jedes Wort, das möglicherweise religiöse Assoziationen wecken könnte, entfernt und durch säkulare Parteipropaganda ersetzt.
Seit letztem Jahr hat die KPCh landesweit eine große Anzahl von Kreuzen und anderen religiösen Symbolen von öffentlichen Plätzen und aus den Häusern der Gläubigen entfernt. Auch Schilder und Namen, in denen religiöse Begriffe enthalten waren, wurden von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) entfernt und verboten. Ebenso werden islamische Symbole ausgemerzt (mit der Begründung, man kämpfe gegen die “Verbreitung von halal) und auch die chinesischen Schriftzeichen für “Buddha“ oder “Buddhismus“ wurden von Läden oder Versammlungsstätten entfernt. Außerdem müssen Ladenbesitzer Schilder mit Begriffen wie “Hallelujah“ oder “Gnade“ verstecken.
Das Vorgehen wird immer mehr ausgeweitet und die Ausmerzung “unpatriotischer“ Sprache erinnert Beobachter an die Kulturrevolution. Beispiele gibt es viele.
Im November 2018 wiesen die Behörden im Kreis Sunwu (im Zuständigkeitsbereich der Stadt Heihe in der nordöstlichen chinesischen Provinz Heilongjiang) den Tianci-Kindergarten an, das Wort tianci aus dem Schild zu entfernen (tianci bedeutet vom Wortsinn her “Himmelsgeschenk“ oder “vom Himmel geschenkt“).
“Das Wort tianci gehört zum religiösen Glauben,“ erklärte ein Vertreter der Lokalregierung. “Wenn dieses Wort auf einem Schild über einem Kindergarten steht, kann es leicht passieren, dass die Kinder mit Glauben indoktriniert werden.“ Er wies den Leiter des Kindergartens an, das Schild zu entfernen, ansonsten würde der Kindergarten geschlossen werden.
Der Shentong-Kindergarten im Stadtbezirk Jiguan (Stadt Jixi, Heilongjiang) sah sich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert. Das Wort shentong bedeutet “Wunderkind“, aber das erste chinesische Schriftzeichen (shen) bedeutet, wenn es einzeln steht, “Gott“ oder “Gottheit“. Die Behörden ordneten an, dass das Schild entfernt wird, ansonsten würde es der Bildungseinrichtung nicht erlaubt werden, sich zu registrieren. Daraufhin wurde der Name des Kindergartens geändert. Er heißt jetzt: “Goldene Blüte-Kindergarten zur vollständigen Entwicklung des Gehirns“.
Eine Drei Selbst-Kirche in der Stadt Huaibei in der östlichen chinesischen Provinz Anhui wurde angewiesen, die chinesischen Schriftzeichen Shen ai shi ren (Gott liebt die Welt) von ihrem Eingang zu entfernen. Damals sagte ein Beamter des lokalen Büros für Religiöse Angelegenheiten: “Wenn Gott die Welt liebt, heißt das dann, dass die Kommunistische Partei die Welt nicht liebt?“
Ein paar Monate später brachte der Kirchenleiter die Worte (“ai guo ai jiao, rong Shen yi ren” (“Liebe dein Land, liebe deine Religion, ehre Gott und das Volkswohl“) am Eingang an. Er ging davon aus, dass dies mit der Anforderung der Patriotischen Drei Selbst-Bewegung in Einklang stünde, die lautet “die Liebe zum Land kommt vor der Liebe zur Religion“. Es scheint jedoch, dass Sätze wie “liebe deine Religion“ und “ehre Gott“ als inakzeptabel gelten.
“Die acht Schriftzeichen für ‚Liebe dein Land, liebe deine Religion, ehre Gott und das Volkswohl‘ müssen entfernt werden,“ befahl ein Vertreter des lokalen Büros für Religiöse Angelegenheiten, als er letzten November zur Inspektion zur Kirche kam. “Sie dürfen nur über die Kommunistische Partei schreiben.“
Der Kirchenleiter befolgte diese Anweisung. Kurz darauf kamen Vertreter des Büros für Religiöse Angelegenheiten und brachten ihr eigenes Schild an, auf dem die “sozialistischen Grundwerte“ gepriesen wurden.
Fünf Drei Selbst-Kirchen im Stadtbezirk Guichi (Stadt Chizhou, Anhui) erging es ähnlich. Im Oktober 2018 entfernten die Behörden Schilder mit der Aufschrift “True Jesus-Church“, “Gospel Hall“ und “Gratitude Hall“ von den Eingängen dieser Gebäude.
Es werden auch weiterhin Schilder von Läden, in denen traditionelle buddhistische Devotionalien verkauft werden, bemängelt.
Der Laden Vibrant Colors Hall Buddhist Craft in der Stadt Muling (Heilongjiang) ist über 20 Jahre alt und seit vielen Jahren beim Büro für Industrie und Handel registriert. Im Dezember wiesen lokale Regierungsvertreter die Besitzerin an, das Schriftzeichen Fo, das “Buddha“ bzw. “buddhistisch“ bedeutet, vom Ladenschild zu entfernen, da dieses Wort eine religiöse Bedeutung habe. Die bereits über 70 Jahre alte Besitzerin musste aus eigener Tasche Arbeiter bezahlen, die das Schriftzeichen entfernten.
“Seit das Schriftzeichen Fo entfernt wurde, finden weniger Kunden ihren Weg in meinen Laden. Das hat schwere Auswirkungen auf meine Geschäfte,“ erklärt die Ladenbesitzerin.
Das lokale Büro für Religiöse Angelegenheiten wies auch an, dass das Schriftzeichen Fo von der Shanyuan Hall und dem Auspicious Buddhist Supply-Shop in der Stadt Muling entfernt werden müsse. Die Namensänderung zu Auspicious Handicrafts-Shop kostete den Besitzer von Auspicious Buddha 400 RMB (ungefähr 52 EUR).
“Sie [die Beamten] meinten, dass das Schriftzeichen Fo auf unserem Schild eine religiöse Bedeutung habe und deshalb entfernt werden müsse. Sie sagten, dass dies eine Anweisung der Zentralregierung sei und jeder sich daran halten müsse,“ erklärte der Besitzer eines anderen buddhistischen Ladens, der anonym bleiben möchte.
Am 14. Dezember wiesen die Behörden der Stadt Suifenhe (Heilongjiang) unter Berufung auf Vorschriften zum Stadtbild und Umweltschutzmanagement die Entfernung von ungenehmigten, oder nicht den Vorschriften entsprechenden Schriftzeichen an. Die Ladenbesitzer mussten innerhalb von drei Tagen Folge leisten, ansonsten wären ihre Läden geschlossen worden. Kurz darauf wurde einer der buddhistischen Läden in der Stadt – der Wanfa-Pavillon – von den Behörden angewiesen, eine “Korrektur“ vorzunehmen (Wanfa ist ein buddhistischer Begriff, der in etwa “Myriaden Erscheinungen“ oder “alle Dinge“ bedeutet).
In der Stadt mussten mindestens acht buddhistische Devotionalien-Läden Worte aus ihren Schildern entfernen. Bei manchen führte das zu Verlusten von fast 10 000 RMB (ungefähr 1300 EUR).
“Wir betreiben unseren Laden schon seit Jahren und besitzen eine gültige Geschäftslizenz. Die Regierung sucht ganz bewusst nach Fehlern bei uns,“ klagt ein Ladenbesitzer.
“Sie dürfen keine Werbung für Religion machen, denn Sie befinden sich unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei,“ erklärte ein Regierungsbeamter. “Sie müssen die Kommunistische Partei preisen und Bilder von Mao Zedong und Xi Jinping aufhängen. Alles andere ist verboten.“
Manche religiösen Menschen denken, dass es bei der Entfernung von Worten, die sich auf den Glauben beziehen, um mehr geht, als nur um Schriftzeichen oder Schilder. Es ist ein ideologischer Kampf. Die Behörden versuchen alle Symbole und Begriffe auszumerzen, die mit Religion zu tun haben, um sicherzustellen, dass die atheistische Ideologie des Kommunismus die Oberhand gewinnt.
Bericht von Zhou Hua