Die KPCh beauftragt die fünf autorisierten Religionen in China, Predigtwettbewerbe durchzuführen, die sozialistische Lehren und Elemente der traditionellen Kultur enthalten müssen.
von Jiang Tao
„Diejenigen, die zurückbleiben, werden angegriffen. Nach der Feuertaufe von Armut und Krieg wird das chinesische Volk umso mutiger, je mehr es ein Scheitern aushält. Denn schließlich hat die chinesische Nation unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas seit Beginn der Reformen und der Öffnung einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das chinesische Volk hat seine Würde wiedererlangt und wird wohlhabend und stark.“
Der obige Text ist kein Auszug aus einer Rede eines Regierungsbeamten, nein, er stammt aus einer christlichen Predigt, die von den Behörden als „exzellent“ eingestuft und in eine Publikation aufgenommen wurde, die gemeinsam von der Vereinigten Arbeitsfront, dem Amt für Religiöse Angelegenheiten und den Zwei Chinesischen Christlichen Räten der Stadt Xinzheng in der zentralen Provinz Henan zusammengestellt wurde.
Diese Publikation mit dem Titel Christentum und Chinesische Zivilisation besteht aus 36 Predigten von Priestern der Drei-Selbst Kirche. Zuerst beauftragte die Regierung 58 staatlich anerkannte Priester in der Kommune, jeweils eine Predigt zu schreiben und wählte dann die beste für eine Veröffentlichung aus, erklärte ein lokaler Mitarbeiter der Drei-Selbst Kirche.
„Die Priester mussten die traditionelle chinesische Kultur, die sozialistischen Grundwerte sowie Gesetze und Vorschriften in die Protestantische Lehre miteinbeziehen“, sagte der Mitarbeiter. „Denjenigen, die sich weigerten, etwas beizutragen, wurde gedroht, von ihren Pflichten entbunden zu werden und ihre Zulassung als Prediger zu verlieren.“
Die Publikation enthält Predigten wie „Christen sollten die sozialistischen Grundwerte aktiv praktizieren“, „Eine biblische Sichtweise auf den christlichen Patriotismus“, „Wie Christen das Frühlingsfest feiern sollten“ und „Das Qingming-Fest und der christliche Glaube“. Das chinesische Neujahrs- oder Frühlingsfest ist der wichtigste Feiertag in China, während das Qingming-Fest, das von Nicht-Chinesen oft als Tag der Grabreinigung bezeichnet wird, dem Respekt vor verstorbenen Vorfahren gewidmet ist.
Ein anderer Kirchenmitarbeiter verriet, dass die Forderung der Regierung, die Predigten zu verfassen, als „politische Aufgabe“ präsentiert worden war.
„Der Staat kontrolliert inzwischen zu viele Dinge. Die Menschen müssen bei der Umsetzung aller politischen Aufgaben, die ihnen übertragen werden, kooperieren. Wird man in diesem Land geboren, dann hat man keine andere Wahl“, erklärte der Mitarbeiter und fügte hinzu, dass jede Kirche in der Gegend jetzt eine Kopie von Christentum und Chinesische Zivilisation hat.
Tatsächlich wurden alle fünf autorisierten Religionen in China beauftragt, ähnliche Publikationen zu erstellen.
Im Mai veröffentlichte das Büro des Komitees für Ethnische und Religiöse Angelegenheiten in Henan die Mitteilung über die Weiterleitung des „Fünf Teile“- Umsetzungsplans für religiöse Gruppen in der gesamten Provinz. Die „fünf Teile“ beziehen sich auf bestimmte Aufgaben:
1. Einrichtung von religiösen Versammlungsorten als Modelle;
2. Auswahl einer Gruppe von beispielhaften Geistlichen, die Predigten mit chinesischen Merkmalen halten können;
3. Erstellung „sinisierter“ Informationsmaterialien, wie Wandtafeln, die die chinesische Kultur und Tradition einbeziehen;
4. Organisation von Aktivitäten, die die chinesische Kultur und Tradition beinhalten, wie z.B. den Besuch patriotischer Orte und die Würdigung revolutionärer Märtyrer u.Ä.;
5. Erfassung und Verbreitung bewährter Verfahren zur Verwaltung des „sinisierten“ religiösen Versammlungsortes.
Das Dokument beauftragte jede der fünf offiziellen Konfessionen auch mit der Durchführung von religiösen Oratorienwettbewerben im Mai, wobei die Gewinnertexte in einer Publikation zusammengefasst und großflächig verbreitet werden sollten. Zudem werden die Gewinner im September und Oktober auf eine Vortragsreise gehen.
Wie verlangt, veranstalteten alle autorisierten islamischen Kultstätten in Henan im Mai einen Wettbewerb der Mahnungen. Basierend auf den Bewertungskriterien – „Anwendung der sozialistischen Grundwerte“, „Förderung der traditionellen chinesischen Kultur“, „Beachtung der ‘Sinisierung‘ des Islam“ und „Vereinigung der Studien der Schrift mit den chinesischen Studien“ – wurde die Abteilung des Islamverbands Chinas in Henan beauftragt, die zehn besten Priester auszuwählen, die später dann als Gruppe auf Vortragsreise durch die Provinz gehen sollten. Das gleiche Format wird auch für den Buddhismus, Taoismus und Katholizismus angewendet.
Ähnliche Wettbewerbe wurden in ganz China durchgeführt. Nachdem ein Mitarbeiter einer Drei-Selbst Kirche aus der nordöstlichen Provinz Liaoning während eines patriotischen Wettbewerbs Predigten gehört hatte, sagte er voller Wut: „Diese Predigten sind völlig komisch. Dinge wurden aus dem Zusammenhang gerissen, um den Patriotismus zu unterstützen. Ein Beispiel: ‘Moses hat viele Opfer gebracht, weil er patriotisch war und sein Volk liebte‘ oder ‘Die Reinigung von Gräbern während des Qingming-Fests ist auch eine Art Opfer‘. Alles ist total durcheinander geworfen!“
Ein Prediger einer Drei-Selbst Kirche aus Henan war ebenfalls schockiert: „Diese Wettbewerbe haben die reine Lehre des Christentums völlig verzerrt. Dies bedeutet jetzt nur noch eine Verunglimpfung der Bibel und eine Entweihung Gottes. Eine solche Erosion der Lehre ist eine noch größere Katastrophe als die Zerstörung von Gotteshäusern. In Zukunft wird es in China keinen Glauben mehr geben, den man noch als solchen bezeichnen kann!“