Ein offizieller US-Bericht zeigt, welche massiven Anstrengungen die Vereinigte Front unter persönlicher Leitung von Präsident Xi Jinping unternimmt, um Informationen über China im Ausland zu manipulieren und kritische Stimmen zur Religionsfreiheit und den Menschenrechten zu dämpfen.
Massimo Introvigne
Am 24. August 2018 veröffentlichte der US-Prüfungsausschuss für Wirtschaft und Sicherheit China – eine 2001 durch das Genehmigungsgesetz zur Nationalen Verteidigung geschaffene, überparteiliche parlamentarische Einrichtung der USA – einen Bericht über “Die Aktivität der Vereinigten Front Chinas im Ausland: Hintergrund und Bedeutung für die Vereinigten Staaten“. Der Bericht beschäftigt sich allgemein mit der Aktivität der Vereinigten Front außerhalb Chinas, ist aber auch von großem Interesse für diejenigen, die sich wissenschaftlich mit Religion beschäftigen.
Dem Bericht zufolge sind sich viele Politiker in den USA – und im Westen allgemein – der Bedeutung der Vereinigten Front nicht bewusst. Dies ist zum Teil verständlich, da die Vereinigte Front für eine lange Zeit an Bedeutung verloren hatte, doch unter Präsident Xi Jinping spielt sie nun wieder eine zentrale Rolle. Theoretisch handelt es sich bei der Vereinigten Front um eine Allianz zwischen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), acht kleineren gesetzlich zugelassenen Parteien und dem Chinesischen Industrie- und Handelsverband. Praktisch kann die Vereinigte Front laut Bericht jedoch nicht unabhängig von der KPCh existieren: sie berichtet direkt an die KPCh und wird von der KPCh für bestimmte Projekte und Aktivitäten als Werkzeug benutzt.
Das heißt jedoch nicht, dass sie bedeutungslos ist. Der Vorsitzende Mao betrachtete sie als eine der “Zauberwaffen“ der KPCh beim Kampf gegen inländische und ausländische Feinde. Präsident Xi Jinping hat den Vorsitzenden Mao nun falsch zitiert und behauptet, es handele sich dabei um die Zauberwaffe in der Waffenkammer der KPCh. Die Vereinigte Front gründet auf den Prinzipien, “sich mit schwächeren Feinden zu verbünden, um die stärkeren zu schlagen“ und versucht Nicht-Kommunisten als “Weggefährten“ zu gewinnen. Zwei Formulierungen, die sich auf Lenin zurückverfolgen lassen.
Unter Xi Jinping wurde die Vereinigte Front nach Worten des Präsidenten wieder zu einem Werkzeug erhoben, das “China verjüngt“, und zu steuern versucht, wie “China international wahrgenommen wird.“ Laut Bericht hat Xi um die 40 000 neue Vereinigte Front-Kader rekrutiert. Nun sind Vertreter der Vereinigten Front in den chinesischen Botschaften auf der ganzen Welt damit betraut “die Berichte“ über China in den Medien und der Wissenschaft “zu steuern“ – vor allem in Hinblick auf Menschenrechte, Religion und die Probleme der Tibeter und Uiguren.
Darstellung 1 zeigt die neun verschiedenen Büros mit denen die Zentralabteilung Vereinigte Arbeitsfront (UFWD), welche direkt dem Zentralkomitee der KPCh berichtet, zusammenarbeitet.
Büro 2 agiert auf dem Gebiet der Religion sowie der ethnischen Minderheiten, außerdem gibt es Sonderbüros für Tibet und Xinjiang. Die 2018 eingeführten neuen Religionsgesetze sehen vor, dass die Verwaltung der Religionen in China vom Staatlichen Amt für Religiöse Angelegenheiten (SARA) an die Vereinigte Front übergehen soll, wobei dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist.
Die UFWD hat keine administrativen Aufgaben. Laut Bericht sieht Präsident Xi Jinpings Strategie vor, dass China durch die UFWD „bestimmt, wie es wahrgenommen wird“ und zwar sowohl im In- wie auch im Ausland. Aufgabe der UFWD ist es, “KPCh-Kritik zu unterdrücken, ein positives Bild von China zu verbreiten und Wähler in ausländischen Demokratien einen Anreiz zu geben, die dortige Politik china-freundlich zu beeinflussen.
Darstellung 2 zeigt wie diese Aktivitäten im Ausland durchgeführt werden, insbesondere durch Organisationen wie das Konfuzius-Institut, das weltweit chinesischen Sprachunterricht und chinesische Kulturevents an Schulen und Universitäten anbietet und den chinesischen Rat für die Förderung einer friedlichen Wiedervereinigung (CCPPR), der jetzt in vielen Ländern für eine “friedliche“ Rückkehr Taiwans zu China wirbt.
Es ist klar, dass diese Organisationen mit der KPCh verbunden sind, und ihre Aktivitäten wurden in manchen Bundesstaaten und an manchen Universitäten der USA eingeschränkt oder verboten. Doch die UFWD ist auch anderweitig tätig und überschreitet dabei laut Bericht “manchmal die Grenze zu kriminellen Handlungen“. Chinesische Studenten und Geschäftsleute in der Diaspora werden als Propagandisten und manchmal auch als Spione rekrutiert. Wenn sie sich der Rekrutierung verweigern, wird ihnen damit gedroht, dass ihre Familien in China Vergeltungsschläge befürchten müssten. Durch diese mehr oder weniger freiwilligen Agenten werden Informationen über Tibeter, Uiguren und andere regimekritische religiöse Gemeinschaften im Ausland gesammelt. Dann wird versucht, diese zu infiltrieren und unter ihnen Informanten und Spione zu rekrutieren. Bei manchen ist es klar, dass sie sich nicht rekrutieren lassen, doch ihre Identifizierung ermöglicht es, gegen ihre Familien in China vorzugehen.
Die UFWD und ihre Vertreter schikanieren auch Menschenrechtsverteidiger, die China kritisieren, und rekrutieren Wissenschaftler und Politiker. Im Bericht werden einige eklatante Fälle von australischen Politikern, internationalen Wissenschaftlern und als Chinaexperten geltenden Journalisten aufgeführt, die hohe Summen von, mit der UFWD verbundenen Organisationen, erhalten haben. Das ist allerdings laut Bericht nur die Spitze des Eisbergs. Sehr viel häufiger wird das Geld heimlich vergeben und Wissenschaftler und Journalisten werden regelmäßig rekrutiert, damit sie nur die Nachrichten verbreiten, die die KPCh verbreitet sehen will. Natürlich besteht ein Aspekt dieses Phänomens darin, dass Fake News verbreitet werden, die religiöse Bewegungen verleumden, oder auch Personen, die in China von der KPCh verfolgt werden. Der Bericht ist ein wertvolles Dokument, in dem erklärt wird, wie das geschieht.